Kita-Streik: Städte und Gemeinden sparten bisher rund 80 Millionen Euro für Personal
Archivmeldung vom 02.06.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDurch den Kita-Streik haben Städte und Gemeinden bisher rund 80 Millionen Euro eingespart. Das geht aus aktuellen Berechnungen des "Forschungsverbundes Deutsches Jugendinstitut/TU Dortmund" hervor, die dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" exklusiv vorliegen. In dem "Arbeitspapier zu den Mindestausgaben der Kommunen durch den 'Kita-Streik'" heißt es, in der Streikphase vom 11. bis 29. Mai hätten die Kommunen schätzungsweise zwischen 79,5 Mio. und 83,4 Mio. Euro weniger an Personalkosten gehabt.
Der Forschungsverbund, der unter anderem ein jährliches Ländermonitoring zu frühkindlichen Bildungssystemen herausgibt, legte bei seinen Berechnungen in zwei Szenarien jeweils eine unterschiedliche Anzahl von streikenden Erzieherinnen und Erziehern zugrunde. Er geht von bis zu 57.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommunaler Einrichtungen aus, die statt Lohn Streikgeld erhalten. Bei der Schätzung nicht berücksichtigt wurde hingegen Personal anderer sozialer Einrichtungen, etwa Werkstätten für Behinderte. Andererseits sei unklar, in welcher Höhe Kommunen auch Mindereinnahmen hätten, da sie an Streiktagen womöglich auf Zuschüsse der jeweiligen Bundesländer verzichten müssten. Die Berechnung sei daher "lediglich eine Annäherung an die mutmaßliche Höhe der ausfallenden Personalkosten".
Vor dem Hintergrund des Tarifkonflikts zwischen ver.di und der "Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)" dürfte die Schätzung dennoch an Brisanz gewinnen. Aus den Reihen der Gewerkschaft kommt der Vorwurf, die Kommunen hätten sich bisher womöglich deshalb nicht auf die Gewerkschaft zubewegt, weil sie durch den Streik Geld sparten. Viele Städte und Gemeinden lehnten es bisher ab, eigene Schätzungen zu ihren Einsparungen abzugeben. Auf Anfrage von "Report Mainz" teilten etwa die Städte Mainz und München mit, die Summe könne derzeit nicht beziffert werden.
Der Arbeitsrechtler Gregor Thüsing von der Universität Bonn sagte im Interview mit "Report Mainz": "Das normale Prozedere des Arbeitskampfs, dass ich wirtschaftlichen Druck auf den bestreikten Arbeitgeber ausübe, funktioniert hier gar nicht. Das heißt, ein Druckmittel auf die Arbeitgeber kann hier nur über eine Geiselnahme der Eltern erfolgen." Vor diesem Hintergrund sei es fraglich, ob es angemessen sei, einen unbefristeten Arbeitskampf zu beginnen, ohne zuvor eine Schlichtung versucht zu haben.
Quelle: SWR - Das Erste (ots)