Privatisiertes Schienennetz für Volkswirtschaft schädlicher als Lokführerstreik
Archivmeldung vom 05.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie von der Bundesregierung beabsichtigte Privatisierung des Schienennetzes ist für die Volkswirtschaft wesentlich gefährlicher und schädlicher als ein Lokführerstreik. Darauf weist der Fahrgastverband PRO BAHN hin, nachdem das Landesarbeitsgericht Chemnitz das uneingeschränkte Streikrecht der Lokführer wiederhergestellt hat.
"Die zahlreichen Hinweise auf
volkswirtschaftliche Schäden durch Lokführerstreiks beweisen, dass
das Schienennetz ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen
Wirtschaft ist, der nicht lahmgelegt werden darf. Das Schienennetz
wird aber nicht von Lokführern beherrscht, sondern von Stellwerken
und ihren Fahrdienstleitern. Wenn die Lokführer eines Unternehmens
streiken, werden vor allem Spediteure auf andere Bahngesellschaften
ausweichen. Wenn die Fahrdienstleiter das Schienennetz lahmlegen,
fährt überhaupt nichts mehr," erklärt das Vorstandsmitglied des
Fahrgastverbandes PRO BAHN Hartmut Buyken. "Uns wundert, warum über
den Lokführerstreik mit teilweise nicht nachvollziehbaren
Zahlenwerken lamentiert wird und gleichzeitig das
Schienennetz-Monopol privaten Kapitalgebern überantwortet werden
soll, die dann die deutsche Wirtschaft nachhaltig schädigen können.
Während ein Lokführerstreik normalerweise nach kurzer Zeit beendet
wäre, gibt es für den, der das Schienennetz verwaltet, zahllose
Möglichkeiten, das Schienennetz zum Schaden der deutschen Wirtschaft
zu vernachlässigen und funktionsunfähig zu machen."
Volksaktien sind nach Auffassung des Verbraucherverbandes keine
Sicherung gegen Mißbrauch des Infrastruktur-Monopols. "Auch die
Aktien von VW wurden als Volksaktien ausgegeben. Das hat nicht
verhindert, dass jetzt der Porsche-Konzern die Macht bei VW
übernehmen kann," erklärt PRO BAHN-Rechtsexperte Rainer Engel. "Der
Bundesregierung und der SPD geht es nach wie vor darum, die
Verfügungsgewalt über das Schienennetz an Hartmut Mehdorn abzutreten,
um den Wettbewerb anderer Schienenverkehrsunternehmen mit der DB zu
behindern. Der Verbraucherverband tritt daher dafür ein, dass das
Schienennetz in unmittelbarer Staatsverwaltung bleibt. Die
Verkehrsunternehmen hingegen können vollständig privatisiert werden,
damit echter Wettbewerb auf der Schiene entsteht. Der Fahrgastverband
ist verwundert darüber, dass man jahrzehntelang gegen die Beamtenbahn
polemisiert hat und jetzt Beifall klatscht, weil Beamte im
Lokführerdienst als Streikbrecher eingesetzt werden."
"Wir erwarten von DB und Lokführergewerkschaft, dass sie jetzt den Tarifkonflikt in verantwortungsvoller Partnerschaft lösen und die DB sich wie ein ganz normaler Arbeitgeber verhält," erklärt PRO BAHN-Bundesvorsitzender Karl-Peter Naumann. "Es geht nicht an, dass vor allem Pendler, die ihre Zeitkarten im voraus bezahlt haben, ratlos am Bahnsteig stehen. Wir haben damit gerechnet, dass das Landesarbeitsgericht Chemnitz die Einmischung der Justiz in das verfassungsmäßige Streikrecht beendet."
Quelle: Pressemitteilung PRO BAHN e.V. Bundesverband