Fleischkonzern Tönnies streicht hunderte Stellen
Archivmeldung vom 22.09.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDeutschlands größter Fleischkonzern Tönnies mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück hat hunderte Arbeitsplätze in der Produktion abgebaut. Am Stammsitz sind im Fleischwerk 1500 von 7000 Stellen gestrichen oder verlagert worden, an den beiden Standorten Sögel im Emsland und Weißenfels bei Leipzig seien einige hundert von jeweils rund 2000 Jobs weggefallen. Das berichtet das in Bielefeld erscheinende WESTFALEN-BLATT.
Der Konzern spricht von einem "temporären" Abbau und begründet diesen mit der schwierigen Marktlage. Die Branche leidet unter Absatzrückgängen in Deutschland und der seit fast zwei Jahren andauernden Exportsperre nach China wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) sowie einem reduzierten Schweineangebot.
Personalleiter Martin Bocklage informierte in einem politischen Gremium der Stadt Rheda-Wiedenbrück über die Entwicklung. Demnach sei der Personalabbau über die vergangenen 18 Monate erfolgt. Mittelfristig sollen durch die weiter fortschreitende Automatisierung gerade in Bereichen körperlich schwerer Arbeit noch einmal rund 500 Stellen wegfallen. Weltweit beschäftigte der Konzern einst 16.500 Mitarbeiter, davon rund 12.000 in Deutschland. Eine aktuelle Zahl will das Unternehmen auf Anfrage nicht nennen. Von den 1500 in Rheda weggefallenen Stellen sei die Hälfte innerhalb des Konzerns nach Badbergen als Rinderstandort verlagert worden, erklärte Tönnies.
"Die gesamte Branche hat derzeit mit Einbrüchen der Schlachtzahlen zu kämpfen. Die von der Politik forcierte Reduzierung der Tierhaltung schlägt voll durch. Viele Landwirte haben ihre Betriebe aufgegeben, es fehlt an Tieren. Daher müssen auch wir uns der aktuellen Marktsituation anpassen und haben temporär die Kapazitäten und Mitarbeiterzahlen leicht angepasst", teilt der Konzern mit. Ein zwischenzeitlich verhängter Einstellungsstopp sei aber wieder aufgehoben worden.
Betriebsbedingte Kündigungen habe es nicht gegeben, betont Tönnies-Sprecher Fabian Reinkemeier. Für den Stellenabbau sei die Fluktuation in der Belegschaft genutzt worden und habe der Konzern befristete Verträge auslaufen lassen.Bekanntermaßen setzt Tönnies seit Jahren in der Produktion einen großen Anteil an vorwiegend osteuropäischen Arbeitskräften ein, die teils nur für wenige Monate beim Konzern arbeiten.
Wegen der aktuellen Entwicklung nimmt Tönnies derweil Abstand vom geplanten Bau neuer Unterkünfte für seine Mitarbeiter. Der Konzern hat sich stattdessen darauf konzentriert, Bestandsimmobilien anzukaufen und herzurichten. Bundesweit biete Tönnies nun 4000 Beschäftigten Wohnraum für 254 Euro im Monat an, etwa die Hälfte davon im Raum Rheda-Wiedenbrück.
In der gesamten Branche ist hierzulande von schwankenden und tendentiell sinkenden Auslastungen der Schlachthöfe die Rede. Bei Tönnies sollen mehrere Fleischwerke vom Zwei- in den Einschichtbetrieb übergegangen sein. Standort-Schließungen seien nicht geplant, betont Reinkemeier. Branchenkenner halten es aber für denkbar, dass an einzelnen Standorten nur noch geschlachtet wird und weitere Arbeitsschritte wie Zerlegung und Verarbeitung an einem Ort gebündelt werden.
Auch die Tönnies-Wettbewerber haben mit der aktuellen Situation zu kämpfen. Der zuletzt Millionenverluste schreibende, genossenschaftlich organisierte Westfleisch-Konzern mit Sitz in Münster etwa hat jüngst den Abbau von 64 Stellen in der Verwaltung angekündigt. Danish Crown wiederum will an zwei Standorten in Dänemark 350 Jobs streichen. Die hohen Energiekosten machen zudem auch den Fleischkonzernen zu schaffen. Viele haben deshalb Zuschläge eingeführt, die sie ihren Kunden gesondert in Rechnung stellen.
Quelle: Westfalen-Blatt (ots)