Harte Kritik an Ford-Führung - Betriebsrat rechnet mit Konzernspitze ab
Archivmeldung vom 22.01.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Betriebsrat der Ford-Werke hat die Führungsspitze des US-Autobauers scharf kritisiert und dem Management in der Vergangenheit schwere Versäumnisse vorgeworfen. "Es wird immer erst reagiert, wenn Ford das Wasser schon bis zum Hals steht", sagte Betriebsratschef Martin Hennig dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Ford hatte in Europa harte Einschnitte angekündigt. Tausende Stellen sollen gestrichen werden. Es sei zwar grundsätzlich richtig, vieles auf den Prüfstand zu stellen, so Hennig. Es gebe aber auch schwere strukturelle Defizite. So werde etwa in Europa zu teuer eingekauft. "Unsere US-Mutter bekommt bessere Konditionen von globalen Zulieferern als wir als europäische Tochter. Das ist nicht nachvollziehbar und unfair", sagte Hennig, der auch dem Betriebsrat von Ford-Europa vorsteht. Darüber hinaus seien zahlreiche Bereiche an externe Firmen ausgelagert worden. "Ob das aber langfristig günstiger war, wurde nicht weiter verfolgt." Das gesamte Volumen externer Aufträge belaufe sich auf elf Milliarden Euro. Hier müsse das Management ansetzen.
Auch die Jagd nach Marktanteilen in schwachen europäischen Märkten kritisiert der Arbeitnehmervertreter. "In Deutschland ist es bislang sehr gut gelaufen, weil wir hierzulande am Verkauf eines Fiesta oder Focus mehr verdienen als etwa in Ländern in Südeuropa. Denn dort müssen die Modelle preiswerter angeboten werden. Wir könnten in Deutschland noch mehr verkaufen, aber aus der Europazentrale hieß es bislang immer, die anderen Märkte müssen auch bedient werden, damit man dort die Marktanteile hält. Jetzt hat endlich ein Umdenken eingesetzt und Ford nimmt Volumen aus diesen Märkten." Auch bei der Modellpalette warf der Arbeitnehmervertreter der Führung vor, man habe Trends verschlafen. Ebenso hinke man bei der E-Mobilität hinterher.
Mit Blick auf die Einschnitte schloss der Betriebsratschef nicht aus, dass es auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen könne. "Wir haben eine Standortsicherungsvereinbarung bis 2022. Bislang hat die Firma betont, dass sie sich daran hält. Aber solcher Vereinbarungen sind nicht in Stein gemeißelt. Was geschieht etwa, wenn sich die Rahmenbedingungen verschlechtern und es einen harten Brexit gibt?". Dass der Sanierungskurs auch den Standort Köln hart treffen wird, wo der Fiesta gebaut wird und sowohl die Deutschland- als auch die Europazentrale sitzt, damit sei zu rechnen. "Wenn es um den Abbau von Arbeitsplätzen geht, dann ist Köln wohl am stärksten betroffen. Wir sind mit 18 000 Mitarbeitern die größte Einheit", sagte Hennig.
Die Ford-Führung reagierte auf die Kritik. "Die vor uns liegenden gewaltigen Veränderungen in der Automobilindustrie erfordern eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und einer nachhaltigen Profitabilität", sagte Ford-Deutschland-Chef Gunnar Herrmann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die kurzfristige Rückkehr in die Profitabilität sei immens wichtig, damit das Unternehmen das künftige Geschäftsmodell auch nachhaltig profitabel gestalten könne. Man sei nun in Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern und werde mit allen wichtigen Interessengruppen zusammenarbeiten, um die Reorganisation zu ermöglichen. "Es ist uns wichtig, dass unsere Personalmaßnahmen den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten angemessen und vor allem sozialverträglich erfolgen", sagte Herrmann.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)