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Gut ein Fünftel der Bevölkerung Deutschlands von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht

Archivmeldung vom 16.05.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.05.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
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Bild: Statistisches Bundesamt

In Deutschland waren im Jahr 2022 gut 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das waren 20,9 % der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand von Erstergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) mitteilt. Gegenüber dem Vorjahr blieben die Werte nahezu unverändert. So waren im Jahr 2021 knapp 17,3 Millionen Menschen oder 21,0 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

Eine Person gilt in der Europäischen Union (EU) als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung. Für jede dieser Lebenssituationen kann jeweils der Anteil der Betroffenen an der Bevölkerung ermittelt werden.

Im Jahr 2022 war etwa jede siebte Person (14,7 % der Bevölkerung oder 12,2 Millionen Menschen) in Deutschland armutsgefährdet. Im Jahr 2021 hatte die Armutsgefährdungsquote 16,0 % betragen. Nach EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland netto (nach Steuern und Sozialabgaben) bei 1 250 Euro im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag der Schwellenwert bei 2 625 Euro im Monat. Um das Einkommen vollständig zu erfassen, wird das Jahreseinkommen erfragt. Dadurch beziehen sich die Fragen zum Einkommen auf das Vorjahr der Erhebung, in diesem Fall also auf das Jahr 2021.

6,1 % der Bevölkerung oder 5,1 Millionen Menschen in Deutschland waren im Jahr 2022 von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen (2021: 4,3 %). Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln deutlich eingeschränkt waren. Die Betroffenen waren zum Beispiel nicht in der Lage, ihre Rechnungen für Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren, abgewohnte Möbel zu ersetzen oder einmal im Monat im Freundeskreis oder mit der Familie etwas essen oder trinken zu gehen.

9,7 % der Bevölkerung unter 65 Jahren oder 6,1 Millionen Menschen in Deutschland lebten 2022 in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung (2021: 9,5 %). Das heißt, die Haushaltsmitglieder waren insgesamt sehr wenig oder nicht in den Arbeitsmarkt eingebunden. Nach EU-SILC liegt diese Situation vor, wenn die Erwerbsbeteiligung der erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder im Alter von 18 bis 64 Jahren im Vorjahr der Erhebung insgesamt weniger als 20 % betrug. Dies war zum Beispiel der Fall, wenn in einem Haushalt mit zwei Personen in dieser Altersgruppe eine Person überhaupt nicht arbeitete und die andere insgesamt nur in vier von zwölf Monaten erwerbstätig war.

Ein EU-weiter Vergleich des Anteils der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen an der Bevölkerung im Jahr 2022 ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da bislang weniger als die Hälfte der EU-Staaten ihre Ergebnisse veröffentlicht haben. Von den derzeit vorliegenden Ergebnissen war der Anteil in Finnland im Jahr 2022 mit 16,3 % am niedrigsten, am höchsten war er in Bulgarien mit 32,2 %. Im Jahr 2021, für das ein Gesamtergebnis für die EU vorliegt, hatte Deutschland mit einem Anteil von 21,0 % knapp unter dem EU-Durchschnitt von 21,7 % gelegen.

Methodische Hinweise:

Die Ergebnisse entstammen der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen in Deutschland und der EU. In Deutschland ist die Erhebung seit dem Jahr 2020 als Unterstichprobe in den Mikrozensus integriert. Aufgrund der damit verbundenen umfangreichen methodischen Änderungen ist ein Vergleich der Ergebnisse ab 2020 mit den Vorjahren nicht möglich. Ausführliche Informationen hierzu bietet eine Sonderseite im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.

Damit zwischen dem Ende des Erhebungsjahres und der Ergebnisbereitstellung möglichst wenig Zeit vergeht, werden seit dem Erhebungsjahr 2020 zunächst Erstergebnisse und mit einigem zeitlichen Abstand Endergebnisse veröffentlicht. Bei den hier angegebenen Ergebnissen für 2022 handelt es sich um Erstergebnisse.

In der Erhebung EU-SILC ist die Grundlage für die Einkommensmessung in einem Erhebungsjahr das gesamte verfügbare Haushaltseinkommen (Einkommen nach Steuern und Sozialabgaben) des Vorjahres. Die Fragen zum Einkommen beziehen sich also auf das Vorjahr der Erhebung. Auch die Frage nach der Erwerbsbeteiligung bezieht sich auf das Vorjahr der Erhebung. Im Jahr 2022 wurden 36 661 Haushalte und 63 127 Personen ab 16 Jahren zu ihren Einkommen und Lebensbedingungen befragt.

Die amtliche Statistik liefert zum Themenbereich "Einkommen, Armutsgefährdung und soziale Lebensbedingungen" Indikatoren auf Basis unterschiedlicher Datengrundlagen. Neben den hier vorgestellten Ergebnissen aus EU-SILC gibt es auch Daten zur Armutsgefährdung und Einkommensverteilung aus dem Mikrozensus-Kernprogramm. Diese dienen vor allem einer tieferen regionalen und fachlichen Untergliederung. Erläuterungen zu den verschiedenen Datengrundlagen bietet die Themenseite "Lebensbedingungen und Armutsgefährdung".

Erläuterungen zu den verwendeten Indikatoren sind im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes veröffentlicht:

* Armut oder soziale Ausgrenzung (AROPE)

* Armutsgefährdungsquote

* Materielle und soziale Entbehrung

* Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung

Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)

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