Zahl der Firmengründungen im IT-Sektor sinkt trotz Marktwachstum
Archivmeldung vom 01.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Gründungsdynamik in der deutschen Hightech-Industrie ist trotz einer guten Marktentwicklung immer noch unbefriedigend. Im Jahr 2007 gab es 4106 Firmengründungen im Bereich Hardware, Software und IT-Dienstleistungen.
Das sind 2 Prozent weniger als im Vorjahr, obwohl der IT-Markt im gleichen Zeitraum um 5 Prozent gewachsen ist. Das teilte der Hightech-Verband BITKOM in Berlin mit. Hauptgrund für die geringe Zahl neuer Start-ups ist aus Sicht des BITKOM die schlechte Finanzierungssituation. In Deutschland steht nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat deutlich weniger Wagniskapital für Gründer zur Verfügung als in anderen Ländern. Der Anteil der Risikokapitalinvestitionen an der gesamten Wirtschaftsleistung ist in Deutschland 80 Prozent niedriger als im Durchschnitt der 15 EU-Kernländer. „Die deutschen Investoren halten sich bei der Finanzierung von Gründern vornehm zurück“, sagte BITKOM-Präsident Prof. August-Wilhelm Scheer. „Der Mangel an Risikokapital entwickelt sich zu einem gravierenden Standortnachteil.“
Die Zahl der Gründungen im IT-Sektor erreichte im Jahr 2000 mit 9322 ihren Höhepunkt. Seitdem hat sich die Zahl der Start-ups mehr als halbiert. Parallel dazu sind die Investitionen von Wagniskapitalgebern in Unternehmen aller Branchen, die sich in der Frühphase ihrer Gründung befinden, in den Keller gegangen: Von 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf rund 245 Millionen Euro im Jahr 2006. Im vergangenen Jahr wurde der Abwärtstrend mit Investitionen in Höhe von 350 Millionen Euro zwar vorerst gestoppt, aber von einer ausreichenden Kapitalversorgung für Gründer kann keine Rede sein. Nach einer Umfrage des BITKOM sind zwei Drittel der erfolglosen Unternehmensgründer gescheitert, weil sie keine Kapitalgeber gefunden haben. Daher setzen 87 Prozent der befragten Gründer Eigenmittel ein. 31 Prozent erhalten Geld der öffentlichen Hand, etwa von Gründerfonds oder Förderbanken. Ein Fünftel leiht sich Geld bei Verwandten oder Freunden, 17 Prozent erhalten einen Kredit von der Bank und bei 13 Prozent engagieren sich Privatinvestoren. Risikokapitalgeber spielen nur bei 6 Prozent aller Gründer als Finanzierungspartner eine Rolle.
„Start-ups brauchen in Deutschland dringend eine bessere Kapitalversorgung“, sagte Scheer. Angesichts der Finanzkrise sei derzeit sogar mit einer Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für Gründer zu rechnen. Seit Jahren bremsen in Deutschland strukturelle Probleme die Versorgung des Marktes mit Wagniskapital. Eine Studie der Bundesregierung hat ergeben, dass sich in Deutschland insbesondere institutionelle Investoren wie Banken, Versicherungen oder Stiftungen mit Wagniskapitalanlagen zurückhalten. Hauptgründe hierfür sind geringe Renditeerwartungen, das vermeintlich hohe Risiko und ein insgesamt schlechtes Image dieser Anlageform. „Wagniskapital hat als Geldanlage in Deutschland bislang nicht den gleichen Stellenwert wie in den angelsächsischen Ländern“, sagte Scheer. „Das ist nicht gerechtfertigt. Die Finanzierung innovativer Unternehmen sollte heute in jedes Portfolio institutioneller Anleger gehören.“
Quelle: BITKOM