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Benzinpreis-Rekorde: Banken-Volkswirte halten Politik für machtlos

Archivmeldung vom 03.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Kurt F. Domnik / pixelio.de
Bild: Kurt F. Domnik / pixelio.de

Die Chefvolkswirte von Dekabank und Commerzbank, Ulrich Kater und Jörg Krämer, haben angesichts der hohen Benzinpreise die Hoffnung auf ein erfolgreiches Eingreifen der Politik gedämpft. "Leider lassen sich die schwankenden Ölpreise an den Weltmärkten schwierig glätten", sagte Kater "Handelsblatt-Online". "Subventionen gehen nach hinten los, weil sie die Abhängigkeit vom Rohöl zementieren, was auf Dauer den Steuerzahler dann immer mehr Geld kostet."

Kater wies allerdings auf einen positiven Effekt der Benzinpreisentwicklung hin: "Je höher der Preis, desto stärker der Anreiz, billigere Energiealternativen voranzubringen."

Auch Commerzbank-Ökonom Krämer hält die Möglichkeiten für begrenzt, die Benzinpreise-Rekorde zu stoppen, um vor allem negative Auswirkungen auf die Konjunktur zu verhindern. "Natürlich wäre es für die Wirtschaft und die Verbraucher besser, der Ölpreis wäre niedriger. Aber es gibt keinen bestimmten Benzinpreis, ab dem die Konjunktur kippt", sagte Krämer "Handelsblatt-Online". So sei der Ölpreis in den letzten Jahren vor allem wegen des starken Wirtschaftswachstums in China gestiegen, von dem Deutschland aber in Form steigender Exporte und Arbeitsplätze profitiert habe. "Problematisch für die Konjunktur würde es wohl nur, wenn der Atomstreit mit dem Iran militärisch eskalierte und der Ölpreis mehrere Monate sehr hoch wäre", ist Krämer überzeugt.

Kater gab überdies zu bedenken, in der Vergangenheit habe man gelernt, mit immer höheren Benzinpreisen umzugehen. "Aber alles ist eine Frage des Ausmaßes", fügte der Dekabank-Chefökonom hinzu: "Steigen die Preise zu plötzlich und zu stark an, kann dies tatsächlich ein Konjunkturrisiko darstellen, was dann allerdings auch die Ölpreise wieder fallen lassen würde."

Hohe Benzinpreise: Ökonomen warnen vor Konjunktureinbruch

Ökonomen in Deutschland halten angesichts der hohen Benzinpreise einen Konjunktureinbruch für möglich und fordern von der Politik Gegenmaßnahmen. "Ein hoher Ölpreis ist in der Tat Gift für die gesamte Volkswirtschaft", sagte die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, "Handelsblatt-Online". "Die erhöhten Kosten für die deutsche Wirtschaft durch die Ölverteuerung gehen schnell in einen zweistelligen Milliardenbetrag, Geld das besser für die finanzielle Unterstützung von alternativen Kraftstoffen eingesetzt werden sollte." Ob die konjunkturelle Entwicklung abgewürgt wird, hängt nach Kemferts Einschätzung allerdings davon ab, wie stark der Ölpreis noch steigen und wie lange er hoch bleiben werde. Der vergleichsweise schwache Euro dämpfe derzeit die noch starken Steigerungen.

Ähnlich äußerte sich Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der britischen Investmentbank Barclays Capital in Deutschland. "Die steigenden Energiepreise bergen in der Tat ein ganz erhebliches konjunkturelles Abschwungpotenzial für den Euroraum", sagte Polleit. Verschärft wird die Situation seiner Einschätzung nach zusätzlich durch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die ohnehin bereits inflationär ausgerichtete EZB-Geldpolitik begünstige den Preisauftrieb durch steigende Öl- und Benzinpreise und führe letztlich zu noch höheren Inflationsraten, mit der Folge, dass die Kaufkraft nachlasse und die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben abgebremst würden. "Dies dürfte für die Euroraum-Konjunktur umso gefährlicher sein, weil sich die Anzeichen für eine Kreditklemme mehren", sagte Polleit. Der Barclays-Chefökonom wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Wachstum der Bankenkredite im Euroraum bereits abnehme, in inflationsbereinigter Berechnung sogar schrumpfe. "Das spricht dafür, dass der Abwärtsdruck auf die Konjunktur bei weiter steigenden Energiepreisen ganz erheblich ausfallen wird", warnte Polleit.

Wie Kemfert hält auch er ein Eingreifen der Politik für nötig. "Das Herabsetzen der Steuerbelastung für Energie wäre die geeignete Maßnahme, um den Abwärtsdruck auf die Konjunktur zu vermindern", sagte er. "Sie zielt auch ordnungspolitisch in die richtige Richtung: die Steuer- und Abgabenlast für Bürger und Unternehmer zu senken." DIW-Ökonomin Kemfert hält dagegen von steuerlichen Maßnahmen genauso wenig wie von Überlegungen, die Autofahrer über eine höhere Pendlerpauschale von den Rekord-Benzinpreisen zu entlasten. Eine solche Erhöhung würde Besserverdiener "unverhältnismäßig" begünstigen, warnte sie, da der Anteil der Geringverdiener, die mehr als 50 Kilometer pro Tag fahren, unter zwei Prozent aller Pendler liege.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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