Zeitung: Start der Benzinpolizei verzögert sich
Archivmeldung vom 28.03.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie vom Bundeskartellamt geplante Marktpreistransparenzstelle kommt offenbar später als geplant. Wie die "Bild-Zeitung" unter Berufung auf Angaben aus der Behörde und der Mineralölbranche berichtet, gilt der bisher für die Jahresmitte vorgesehene Startermin der so genannten Benzinpreispolizei als nur noch schwer zu halten. Möglicherweise könne die Stelle ihre Arbeit sogar erst am Jahresende aufnehmen, hieß es.
Grund für die Verzögerungen sei die "komplizierte technische Umsetzung". Eine Kartellamtssprecherin sagte der Zeitung, der Start werde "im Laufe des Jahres" erfolgen. Auch das Datum für den Beginn der Testphase stehe noch nicht fest. Die rund 14.500 Tankstellen sollen künftig in Echtzeit ihre Preise ans Kartellamt melden, mit dem Ziel, mögliche Preisabsprachen aufzudecken.
Freie Tankstellen beklagen unfairen Wettbewerb mit Markenanbietern
Unabhängige Tankstellenbetreiber mussten in den vergangenen Wochen an einigen Raffinerien der Ölkonzerne mehr Geld für Benzin bezahlen, als diese Konzerne an ihren eigenen Markentankstellen vom Kunden verlangen. Das verstößt gegen das Gesetz und behindert den Wettbewerb, berichtet die "Welt". Laut des Zeitungsberichtes liegt das Problem auch in der Politik: Die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung, die diesen Umstand regeln soll, steckt im Bundesrat fest. Dieses Vakuum nutzen jetzt nach Informationen der "Welt" einige Benzinkonzerne aus. Das Bundeskartellamt nennt so etwas eine "Preis-Kosten-Schere", und die ist in Deutschland verboten. Verbände der freien Stationen berichten über solche Verkaufsmethoden. "In den vergangenen drei Wochen hat es mehrfach Fälle gegeben, dass Ölkonzerne in einzelnen Regionen Benzin an ihren Tankstellen billiger verkauft haben als an der eigenen Raffinerie", sagte Axel Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen, der "Welt". Das sei ein eklatanter Missbrauch der Marktmacht und per Gesetz verboten. Doch da die Neufassung des Wettbewerbsgesetzes noch nicht durch sei, könnten die Tankstellen kaum etwas dagegen ausrichten. Hintergrund ist nach Aussage von Bülows ein harter Preiskampf an den Zapfsäulen. Marktbeobachter berichten davon, dass es zwischen zwei großen Öl-Multis zum "Duell um die Marktführerschaft" gekommen sei. Das Bundeskartellamt bestätigt die aktuellen Vorwürfe der freien Stationen: "Uns ist bekannt, dass es Beschwerden von Tankstellen gibt", sagte eine Sprecherin der Behörde.
Für das Kartellamt sind diese Praktiken nicht neu. Aus dem Jahr 2011 sind noch Ermittlungen verschiedene Konzerne anhängig. Auch damals ging es um den Verkauf von Benzin und Diesel unter dem Wiederbeschaffungspreis, wenn auch nur an einzelnen Stationen. "Diese Verfahren sind noch anhängig und nicht entschieden", sagte die Sprecherin. Die Behörde will dies als "Pilotverfahren für eine Signalwirkung in den Benzinmarkt" nutzen, wie die Sprecherin weiter sagte. Die Tatsache, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung in der Schwebe ist und es keine rechtlich einwandfreie Handhabe gibt, erschwert die Situation aus Sicht des Kartellamtes.
Die Ölkonzerne reagieren unterschiedlich auf die Vorwürfe. "Bei Aral kann das nicht der Fall sein. Wir haben Mechanismen eingeführt, die solche Preise verhindern", sagte ein Unternehmenssprecher. Er verwies darauf, dass die Ermittlungen des Kartellamtes in den Fällen aus dem Jahr 2011 noch keinerlei Ergebnisse gebracht hätten. Konkurrent Exxon, der mit der Marke Esso in Deutschland vertreten ist, reagierte so: "Auch wir haben Sicherungsmaßnahmen dagegen eingeführt, aber das Marktgeschehen ändert sich über den Tag häufig", sagte eine Firmensprecherin. Grundsätzlich mache das Unternehmen derartige Verkäufe nicht und achte auf die Preisgestaltung der Tankstellen und Raffinerien. Aber gänzlich auszuschließen sei so etwas nicht.
Quelle: dts Nachrichtenagentur