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"Report Mainz": Neue Vorwürfe wegen Prozessbetrugs gegen Deutsche Bank

Archivmeldung vom 12.05.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.05.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main; im Volksmund werden die beiden Hochhäuser auch als „Soll und Haben“ bezeichnet.
Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main; im Volksmund werden die beiden Hochhäuser auch als „Soll und Haben“ bezeichnet.

Foto: Jürgen Matern
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Nach Ansicht von Strafrechtlern steht die Deutsche Bank nicht nur im Fall Jürgen Fitschen unter dem Verdacht des Prozessbetrugs, sondern, unabhängig davon, in einer Vielzahl weiterer Fälle. So sprechen der Strafrechtler Gerhard Strate und der ehemalige Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner im Interview mit dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" übereinstimmend davon, es bestehe der starke Verdacht "eines systematischen auf versuchten Prozessbetrug angelegten" Vorgehens der Deutschen Bank.

Hintergrund sind Hunderte von Zivilverfahren, in denen die Deutsche Bank zu Ungunsten von Kleinanlegern die Unwahrheit gesagt haben soll. In diesen Zivilprozessen streiten Deutsche Bank und Kleinanleger schon seit Jahren miteinander. Es geht bei diesen Streitigkeiten um sogenannte "Schrottimmobilien". Diese Wohnungen sollten als Altersvorsorge dienen, erwiesen sich aber später als völlig überteuert. Die Deutsche Bank hatte diese Immobilienkäufe massenweise finanziert, wies aber später jede Verantwortung für das dahinter steckende Betrugssystem von sich.

In einigen dieser Prozesse war zu Tage gekommen, dass die Bank damals Kredite ausgezahlt hatte, ohne dass ihr überhaupt alle Unterschriften und Unterlagen der Kunden vorlagen. Das hätte nach Ansicht des Geschädigten-Anwalts Reiner Fuellmich dazu führen müssen, dass die Anleger die Prozesse hätten gewinnen müssen: "Wenn ich Geld auszahle und einen Vertrag schließe, ohne dass die Formalien für einen Vertragsschluss erfüllt sind, dann sind die Verträge alle unwirksam."

Viele Anleger haben die Prozesse dennoch verloren, weil die Bank vor Gericht vorgebracht hatte, es habe sich gar nicht um die Auszahlung eines Kredites gehandelt, sondern nur um eine freiwillige "Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung" auf die Kredite. Die eigentlichen Kredite seien erst später zu Stande gekommen.

Nach Ansicht des Strafrechtlers Gerhard Strate ist diese "Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung" im Bankgeschäft aber völlig unbekannt. "Das finden Sie in keinem Handbuch der Bankpraxis oder des Bankrechts."

Tatsächlich haben in jüngster Zeit immer mehr Gerichte gegen die Bank entschieden, auch weil sie die Darstellung der Bank, es habe sich um eine "Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung" gehandelt, nicht glauben.

Die Argumente des Zeugen der Deutschen Bank, so beispielsweise das Oberlandesgericht Hamm, sind "unglaubwürdig", "nicht plausibel" und "nicht nachvollziehbar". Das OLG Düsseldorf urteilt: Der Sachvortrag der Deutschen Bank ist "unzutreffend" und voll von "Ungereimtheiten" und "Widersprüchen". In einem Urteil des Landgerichts Wiesbaden heißt es schließlich, die Bank habe entweder nicht mal ihre eigenen, von ihr eingereichten, Unterlagen gelesen oder aber "bewusst wahrheitswidrig vorgetragen", um "das Gericht zu täuschen."

Für den Strafrechtler Gerhard Strate ergeben die Fülle dieser Urteile ein eindeutiges Bild: "Die Häufung dieser weitgehend übereinstimmenden Urteile höchstrichterlicher Oberlandesgerichte, in denen der Deutschen Bank bescheinigt wird, dass ihr Vortrag auch nicht im Ansatz einleuchtet", so Strate gegenüber "Report Mainz", "das lässt schon darauf schließen, dass hier zumindest der starke Verdacht eines systematischen auf versuchten Prozessbetrug angelegten Vortrages zu konstatieren ist."

Für den ehemaligen Oberstaatsanwalt und Richter Wolfgang Schaupensteiner lassen die Urteile nur einen Schluss zu: "Wenn man die zahlreichen Urteile liest, dann kann man nur zu einem Schluss kommen, es handelt sich hier um systematischen Prozessbetrug, zumindest um den dringenden Verdacht des systematischen Prozessbetruges", sagte der Rechtsanwalt, "und das auch noch zum Nachteil von Hunderten von kleinen Leuten. Solcher Prozessbetrug ist schlichtweg eine Straftat."

Der Anwalt der Geschädigten erhebt deswegen im ARD-Magazin "Report Mainz" schwere Vorwürfe: "Der Hauptvorwurf ist derjenige, dass die Bank in den zivilen Rechtsstreiten, die wir wegen Schrott-Immobilienfinanzierung führen, lügt - nach wie vor", so Reiner Fuellmich, der Hunderte von Schrottimmobilien-Geschädigte vertritt.

Ein Interview mit Jürgen Fitschen hat die Deutsche Bank abgelehnt. In einer schriftlichen Stellungnahme weist sie den Vorwurf des Prozessbetrugs "entschieden zurück". Die Bank trage vor Gericht so vor, wie es sich aus den Akten ergibt. Fitschen selbst steht wegen des Verdachts des Prozessbetruges in der Kirch-Affäre zurzeit in München vor Gericht.

Der heutige Bank-Co-Chef Fitschen hatte bei seinem Amtsantritt versprochen, einen Kultur- und Wertewandel einzuleiten. Vor diesem Hintergrund forderte der Grünen-Politiker Jürgen Trittin die Deutsche Bank im Interview mit dem ARD-Magazin "Report Mainz" dazu auf, die Prozesse zu beenden und auf die Geschädigten zuzugehen: "Ich finde, dass die Deutsche Bank aufhören sollte, in dieser Frage zu mauern. Das heißt, die Fakten auf den Tisch und zu einem vernünftigen Ausgleich mit Menschen zu kommen, die ihr gesamtes Vermögen diesen kriminellen Machenschaften opfern mussten."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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