Schwere Vorwürfe gegen Subunternehmer von Fleischproduzent Danish Crown
Archivmeldung vom 06.10.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTrotz der Selbstverpflichtung der Fleischindustrie, die Arbeitsverhältnisse der osteuropäischen Arbeiter zu verbessern, gibt es erneut schwere Vorwürfe gegen Subunternehmer in der Branche. Arbeiter eines Subunternehmers des Fleischproduzenten Danish Crown sagen im Interview mit "Report Mainz", dass ihnen ihr letzter Lohn nicht überwiesen wurde und sie gezwungen waren, aus Rumänien anzureisen, um den ihn zustehenden Lohn zu bekommen. Außerdem wären Urlaubstage und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nicht korrekt berechnet worden. Darüber hinaus hätten sie den Transport zur Arbeit bar bezahlen müssen, er sei zusätzlich noch einmal vom Lohn abgezogen worden. Die inzwischen korrigierten Abrechnungen, die "Report Mainz" vorliegen, beweisen: Es handelt sich jeweils um mehrere Hundert Euro.
Die Arbeiter haben für eine Firma von Ingolf Röschmann gearbeitet. Röschmann ist kein Unbekannter. Er wurde bestraft wegen illegaler Beschäftigung von Rumänen. "Report Mainz" deckte 2005 auf, dass polnische Arbeiter bei ihm mit gefälschten Staatsbürgerschaftsurkunden ausgestattet wurden. Ingolf Röschmann hat nicht auf die Fragen von "Report Mainz" geantwortet.
Auch an der Wohnsituation vieler Arbeiter hat sich trotz der Beteuerungen der Fleischwirtschaft offenbar wenig geändert. "Report Mainz" dokumentiert eine Unterkunft in Quakenbrück, in der der Keller im Wasser steht und die Küche verschimmelt ist. Abrechnungen der Arbeiter, die dort leben, zeigen, dass sie für einen Schlafplatz in der Unterkunft 220 Euro im Monat bezahlen müssen. Daniela Reim, Mitarbeiterin der Beratungsstelle für mobile Beschäftigung der niedersächsischen Landesregierung berichtet gegenüber "Report Mainz": "Ich habe teilweise 30 Fälle pro Tag der Bedarf ist sehr hoch, ich schaffe das fast gar nicht mehr mit den ganzen Fällen. Ich muss schon gucken, welcher Fall Priorität hat."
Der niedersächsische Wirtschaftsminister, Olaf Lies (SPD) sagt über die Ergebnisse der "Report Mainz"-Recherche: "Es ist grauenvoll und widerlich. Ich finde das ist eine Schande für unser Land, dass wir Menschen hier her holen, die hier arbeiten, schon kaum ihr Geld bekommen und dann unter solchen Bedingungen hier leben und wohnen müssen. Das geht überhaupt nicht."
Dabei hatte sich auch Danish Crown, ebenso wie andere Branchengrößen, im Juli vergangenen Jahres zu einem "Verhaltenskodex der Fleischwirtschaft" verpflichtet, um bestimmte soziale Standards für Mitarbeiter zu gewähren und auch dafür zu sorgen, dass diese Standards ebenfalls bei Mitarbeitern eingehalten werden, die bei Subunternehmern beschäftigt sind. Darin verpflichten sich die Unternehmen unter anderem, dass die Vermietung der Arbeiterwohnungen zu einem "angemessenen Mietzins" zu erfolgen habe.
Konfrontiert mit den Recherchen von "Report Mainz" erklärt ein Unternehmenssprecher von Danish Crown wörtlich: "Bisher haben wir niemals ganz klare Fakten gesehen, aber was ich heute gesehen habe, sind ganz schwere Fälle. Es kann auch ganz schwere Probleme für unseren Subunternehmer geben. Aber nun müssen wir alles überprüfen." Das Unternehmen kündigte an, Ingolf Röschmann zur Rede zu stellen: "Es geht überhaupt nicht, wenn hier die Regeln der deutschen Sozialversicherung nicht eingehalten werden."
Die Recherchen von "Report Mainz" stellen auch die Selbstverpflichtungserklärung der Fleischindustrie beim sogenannten Fleischgipfel im September mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Frage. Hier hatten sich mehrere Großunternehmen, darunter Danish Crown, darauf verpflichtet, bis 2016 sicherzustellen, dass sämtliche Arbeiter in einem in Deutschland gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden.
Dass dies allein die osteuropäischen Arbeiter nicht vor Ausbeutung schützt, zeigen die Recherchen von "Report Mainz". Denn schon heute haben etliche Subunternehmer die Arbeiter in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) fordert deshalb, dass die Fleischunternehmer weitgehend auf Subunternehmer verzichten und die Arbeiter direkt im Unternehmen anstellen. Sein Ziel ist, "dass mindestens 80 Prozent in dieser Branche fest in dem Betrieb angestellt sind, in dem sie arbeiten".
Auch Bernard Südbeck, Leiter der Staatsanwaltschaft Osnabrück, der in der Vergangenheit zahlreiche Verfahren gegen Subunternehmer geführt hat, fordert einen Verzicht auf Subunternehmer in der Branche: "Solange man in der Fleischwirtschaft weiter Subunternehmer beschäftigt, wird es auch zu kriminellen Machenschaften kommen, wir sind einfach an einem Punkt, wo so viel Möglichkeiten bestehen Schwarzgeld zu generieren. Mit Selbstverpflichtungserklärungen kommt man da nicht weiter."
Quelle: SWR - Das Erste (ots)