Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller: "Der Maschinenbau wird nach der Krise nie mehr so sein, wie er einmal war"
Archivmeldung vom 25.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTrotz anziehender Konjunktur und einer verbesserten Auftragslage wird der Maschinenbau hierzulande in Folge der Wirtschaftskrise "nie mehr so sein, wie er einmal war". Zu dieser Einschätzung kommt Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf, im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin 'impulse'. Vor allem die wachsende Konkurrenz aus China bereitet der Unternehmerin Sorge.
"Die Chinesen produzieren längst nicht mehr nur das Spielzeug, das wir wegwerfen, weil irgendwelche Schadstoffe drin sind. Die sind längst viel weiter." Zwar hätten deutsche Firmen nach wie vor in der Spitzentechnologie und im mittleren Segment einen großen Vorsprung, "aber die Gefahr ist groß, dass Firmen die bislang Einstiegsprodukte anbieten, auch in das mittlere Segment vorstoßen." Zu einem "Riesenproblem" im Wettbewerb mit den Chinesen entwickelt sich auch das Thema Ausbildung: "In China verlassen jedes Jahr Hunderttausende Ingenieure die Universitäten, in Deutschland nur ein Bruchteil davon", sagte Leibinger-Kammüller.
Trumpf selbst wurde von der Wirtschaftskrise in einem bis dato nicht gekannten Ausmaß getroffen, berichtet die Unternehmens-Chefin im 'impulse'-Interview. "In unserer Firma brachen überall auf der Welt zeitgleich die Aufträge weg. Als hätte jemand den Duschhahn zugedreht - zack, weg! Das war schon heftig." Mittlerweile blickt das Familienunternehmen, das im im Geschäftsjahr 2008/09 1,66 Milliarden Euro umsetzte, aber wieder vorsichtig optimistisch in die Zukunft. So rechne Trumpf "nach Stand der Dinge mit zweistelligem Wachstum und guten Gewinnen".
Kritisch äußert sich Leibinger-Kammüller im 'impulse'-Interview über den ökonomischen Sachverstand in der deutschen Politik. "Es wäre uns ja schon gedient, wenn es mehr Bundestagsabgeordnete gäbe, die etwas von Wirtschaft verstehen. Wir brauchen da mehr Leute, die wissen, welche Verantwortung es ist, wenn man am Ende des Monats Gehälter für die Mitarbeiter zahlen muss." Anderseits würden sich aber kaum Leute finden, die bereit wären, in die Politik zu gehen, wie die Trumpf-Chefin aus dem eigenen Unternehmen zu berichten weiß: "Wir haben jungen Leuten angeboten, sie eine Zeit lang von ihrer Arbeit freizustellen, wenn sie für ein politisches Amt kandidieren. Aber da war kaum Interesse."
Quelle: 'impulse' (Ausgabe 9/2010, EVT 26. August)