Leichte Entspannung bei kurzfristig anstehenden Unternehmensnachfolgen im Mittelstand
Archivmeldung vom 09.12.2019
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Freigeschaltet durch André OttBei den kurzfristig anstehenden Unternehmensnachfolgen im deutschen Mittelstand zeichnet sich eine leichte Entspannung ab. Bis Ende 2021 planen die Inhaber von 152.000 mittelständischen Unternehmen ihren Rückzug und suchen deshalb einen Nachfolger, wie das aktuelle repräsentative KfW-Nachfolge-Monitoring belegt (Vorjahresbefragung: 227.000 Unternehmer bis Ende 2020).
Auch der Anteil bereits finalisierter Übergaben liegt aktuell nochmals höher als im Vorjahr: 58 % der nachfolgesuchenden Mittelständler haben die Übergabe bereits jetzt unter Dach und Fach. Das Bewusstsein bei den Altinhabern für die Notwendigkeit, die Nachfolge frühzeitig zu finalisieren, steigt weiter. Für rund 32.000 Mittelständler wird jedoch die Zeit knapp. Sie wollen innerhalb der kommenden zwei Jahre an einen Nachfolger übergeben, haben bisher aber noch nichts in dieser Hinsicht unternommen.
Dass die Zahl der offenen Nachfolgewünsche im Mittelstand aktuell zurückgeht, lässt sich zum Teil mit Blick auf die Existenzgründungsdynamik erklären. Im Jahr 2018 haben sich etwa 72.000 Neugründer durch eine Übernahme selbständig gemacht. Das ist die höchste Zahl seit sechs Jahren, allein gegenüber dem Vorjahr 2017 ist sie um fast ein Viertel gestiegen. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt der Generationenwechsel im Mittelstand eine strukturelle Herausforderung - und der zentrale Engpass bei der Unternehmensnachfolge wird in erster Linie die zu gering besetzte nachrückende Gründergeneration bleiben. Das Gründungsinteresse in Deutschland lässt generell nach: Die Anzahl der Existenzgründer ist von 1,5 Mio. im Jahr 2002 auf zuletzt 547.000 gesunken.
Gleichzeitig schreitet die Alterung der Altinhaber voran, sodass der bereits hohe Bedarf an Nachfolgern weiter zunehmen wird. Gegenwärtig sind 44 % aller Unternehmensinhaber 55 Jahre oder älter. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 waren es lediglich 20 %. Damit hat aktuell beinahe die Hälfte aller Unternehmenslenker ein Alter erreicht, in dem Erwerbstätige allmählich Gedanken über ihren Ruhestand nachgehen. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das etwas über 1,5 Millionen Unternehmensinhaber. Spiegelbildlich dazu hat sich der Anteil junger Inhaber (unter 40 Jahren) im selben Zeitraum von vormals 28 % auf gegenwärtig 14 % halbiert.
"Die Zahl der offenen Nachfolgewünsche im deutschen Mittelstand geht aktuell zwar etwas zurück", sagt Dr. Michael Schwartz, Mittelstandsexperte bei KfW Research. "Allgemeine Entwarnung kann hinsichtlich des anstehenden umfassenden Generationenwechsels aber nicht gegeben werden. Die Demografie wird die Nachfolgesuche künftig mehr denn je erschweren." Besonders zwischen 2025 und 2035 werde dies stark spürbar werden, wenn die geburtenstarke Nachkriegsgeneration aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Die nachrückenden Geburtenjahrgänge sind aber kleiner besetzt, die Zahl potenzieller Nachfolger sinkt. "Mit anderen Worten: Demografisch bedingt wird einer wachsenden Zahl übergabewilliger Inhaber eine schrumpfenden Zahl potenzieller Übernehmer gegenüberstehen."
Gab es in den Vorjahresuntersuchungen stets eine Präferenz für familieninterne Nachfolgelösungen, so spielen diese im Mittelstand eine stetig abnehmende Rolle. Aktuell wollen nur noch 44 % der Altinhaber mit Nachfolgedanken das Unternehmen in die Hände eines Familienangehörigen legen. Jeder zweite hingegen wünscht sich, sein Unternehmen an einen externen Käufer (z.B. Existenzgründer, Finanzinvestor, anderes Unternehmen) zu verkaufen. "Das prägende Bild der familieninternen Übergabe an den Sohn oder die Tochter gerät ins Wanken. Der Wunsch nach externen Nachfolgern steigt", kommentiert Dr. Michael Schwartz. Im Vergleich zur Lösung innerhalb der Familie bringe die externe Nachfolgesuche jedoch einige Herausforderungen mit sich, der Vorbereitungsaufwand und die Transaktionskosten seien deutlich höher. Verkäufer und Nachfolger müssen schließlich erst einmal zueinanderfinden und sich über die Modalitäten der Übergabe einigen. "Wunsch und Realität klaffen beim Thema Übergabe an Externe weit auseinander, das zeigen unsere Zahlen deutlich: Nur 1 % der Inhaber mit Wunsch nach einem externen Käufer hat bereits einen gefunden."
Eine der schwierigsten Hürden für das Gelingen einer Unternehmensübergabe an einen Externen ist das Finden eines für Verkäufer und Käufer gleichermaßen akzeptablen Kaufpreises. KfW Research ermittelt im Zuge des Nachfolge-Monitorings Mittelstand auch die Preiserwartungen der Altinhaber. Im Vergleich zur Vorjahresbefragung sind diese um 6 % gestiegen. Wird eine Nachfolge konkret innerhalb der kommenden fünf Jahre anvisiert (bis Ende 2024), müsste ein potenzieller Käufer im Jahr 2019 im Durchschnitt 372.000 EUR für den Kauf des Unternehmens einplanen (2018: 351.000 EUR).
Neben dem Wunsch einer geregelten Unternehmensnachfolge sind geplante Geschäftsaufgaben der zweite große Block bei der Zukunftsbetrachtung von Unternehmen. Denn nicht jeder Unternehmenslenker mit konkreten Rückzugsgedanken plant tatsächlich die Fortführung seines Unternehmens. Auch dies ist ein natürlicher Bestandteil der strukturellen Erneuerung im Unternehmenssektor. Aktuell ist für 12 % aller Inhaber eine Stilllegung der einzig denkbare Weg. Im Höchstfall entspräche dies rund 450.000 der gegenwärtig aktiven Mittelständler - davon etwa 100.000 bis Ende 2021. Besonders Inhaber von Kleinstunternehmen mit weniger als 5 Mitarbeitern ziehen diese Variante häufig in Betracht. Mit steigender Unternehmensgröße spielen Stilllegungspläne kaum mehr eine Rolle. Auch im Verarbeitenden Gewerbe sind Geschäftsaufgaben eher nicht vorgesehen.
Zur Datenbasis: KfW Research begleitet die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Mittelstand seit vielen Jahren. Die aktuelle Analyse basiert auf einer Sonderauswertung des repräsentativen KfW-Mittelstandspanels 2019, das seit 2003 als Wiederholungsbefragung der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland durchgeführt wird. Zur Grundgesamtheit des KfW-Mittelstandspanels gehören alle privaten Unternehmen sämtlicher Wirtschaftszweige, deren Umsatz die Grenze von 500 Mio. EUR pro Jahr nicht übersteigt. Die Hauptbefragung lief vom 11.02.2019 bis zum 21.06.2019.
Quelle: KfW (ots)