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Streit um Veröffentlichung der EZB-Sitzungsprotokolle

Archivmeldung vom 29.07.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Linda Karlsson  / pixelio.de
Bild: Linda Karlsson / pixelio.de

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) bald dem Vorbild von US-Notenbank Fed und der Bank von England folgen und ebenfalls die Sitzungsprotokolle veröffentlichen könnte, stößt bei Experten auf ein geteiltes Echo. Wie das "Handelsblatt" berichtet, gebe es Streit um die Veröffentlichung. Transparenz sei sicherlich ein hohes Gut und könne das Vertrauen in Institutionen stärken. "Allerdings muss man bedenken, dass Diskussionen nicht mehr offen geführt werden können, wenn die Mitglieder der EZB wissen, dass alles, was sie sagen, ihnen später namentlich zugeordnet werden kann", sagte der Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität Köln, Thomas Hartmann-Wendels.

Insbesondere für diejenigen, die eine "unpopuläre" Minderheitsmeinung verträten, wie etwa der Präsident der Deutschen Bundesbank Jens Weidmann, werde der Druck "enorm groß" werden, gab der Bankenexperte zu bedenken. "Seine kritische Haltung zur EZB-Politik ist ohnehin bekannt, da muss man nicht jede Äußerung von ihm auch noch öffentlich nachlesen können." Wichtiger als die Veröffentlichung der Diskussionsbeiträge sei vielmehr, dass die EZB die Grundregeln ihres Handelns offenlege und auch danach konsequent handle, anstatt ihr Aufgabengebiet ständig zu erweitern, etwa was Staatsfinanzierung und Bankenaufsicht betrifft.

Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, begrüßte die neue Offenheit der Zentralbank. Bei fast allen Entscheidungen des EZB-Rats spielten "handfeste nationale Interessen eine große Rolle", sagte Krämer "Handelsblatt-Online". "Die Bürger haben ein Anrecht darauf zu erfahren, wie die für sie sehr wichtigen Entscheidungen der EZB zustande kommen." Krämer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, wie sich die Aufgaben der EZB inzwischen verändert haben. "Anders als ursprünglich geplant betreibt die EZB mittlerweile nicht mehr nur reine Geldpolitik", sagte er. Vielmehr habe sie mit dem unbegrenzten Anleihekaufprogramm "Outright Monetary Transactions" (OMT) "faktisch Funktionen der Finanzminister übernommen, die sich vor Parlamenten rechtfertigen müssen". Außerdem könne die EZB mit Notkrediten (ELA, Emergency Liquidity Assistance) die Bankensysteme einzelner Krisenländer am Leben erhalten, was im Fall Zyperns auch geschah.

EZB will geheime Protokolle veröffentlichen

Die Europäische Zentralbank könnte bald die Sitzungsprotokolle der bislang streng geheimen Treffen des obersten Führungsgremiums, des EZB-Rats, veröffentlichen. Das sagten die beiden Direktoriumsmitglieder Jörg Asmussen und Benoit Coeure in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" und Le Figaro. "Die Protokolle sollten enthalten, wer für was gestimmt hat und mit welcher Begründung", forderte Asmussen. Das Thema ist umstritten, da gefürchtet wird, dass nach der Veröffentlichung der Druck der Lobby und der Politik auf einzelne EZB-Vertreter steigen könnte. "Transparenz ist wichtig für die Effektivität der Geldpolitik und für das Vertrauen in die Zentralbank", so Coeure. Die Gesellschaft fordere diese Transparenz ein, die EZB sei die einzige große Notenbank der Welt, die ihre Protokolle noch geheim halte. Noch transparenter solle die EZB werden, wenn sie im kommenden Jahr die Aufsicht über die 130 größten Banken der Euro-Zone übernimmt. Dann sollen sich Notenbank-Vertreter im Europäischen Parlament rechtfertigen müssen: "Wenn die Aufsicht auf die EU-Ebene wechselt, ist es im Interesse der EZB, die größtmögliche Rechenschaftspflicht und demokratische Kontrolle durch das Europäische Parlament zu haben", sagte Asmussen. "Bankaufsicht kann im Falle einer Restrukturierung zur Belastung öffentlicher Haushalte führen. Deswegen brauchen wir bei der Aufsicht eine stärkere Rechenschaftspflicht als bei der Geldpolitik", so Coeure. Bevor die Aufsicht startet, will die EZB eine Überprüfung der Bankbilanzen vornehmen. Die beiden Direktoren gaben nun bekannt, dass diese Prüfung "Anfang des kommenden Jahres beginnen" werde. Das deutsche und das französische Direktoriumsmitglied betonten zudem die führende Rolle, die Deutschland und Frankreich beim europäischen Integrationsprozess zukomme. "Beide gemeinsam, aber auch nur gemeinsam, erfüllen die Definition einer Supermacht", sagte Asmussen. "Es gibt konkrete Projekte, bei denen Deutschland und Frankreich gemeinsame Führung zeigen könnten. Ein gemeinsamer deutsch-französischer Sitz im Exekutivdirektorium des IWF wäre eine gute Idee", so Asmussen weiter. Wichtig sei dabei, dass diese neu gestaltete Ländergruppe offen für den Beitritt anderer Europäer wäre, so könne sie ein Ausgangspunkt für einen europäischen Sitz im IWF sein.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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