Ökonomen warnen vor Deflationsgefahr
Archivmeldung vom 15.01.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFührende deutsche Ökonomen haben davor gewarnt, die Gefahr einer Deflation zu unterschätzen. "In Deutschland herrscht die Einstellung, dass Deflation hierzulande kein Problem sei", sagte Beatrice Weder di Mauro, Wirtschaftsprofessorin an der Universität Mainz, beim "Welt"-Wirtschaftsgipfel in Berlin.
Das Problem sei aber, dass die Inflationserwartungen nicht mehr verankert seien und dass die EZB ihr Mandat nicht mehr ausführen könne, warnte die frühere Wirtschaftsweise. "In Europa droht deshalb eine langfristig steigende Deflation, und es wird für die EZB zunehmend schwieriger, sich aus dieser Lage zu befreien."
Den Mahnungen schloss sich auch Michael Hüther an, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. "Die gegenwärtigen deflationären Tendenzen sind gefährlicher, als es viele Beobachter wahrhaben wollen", warnte er. "Denn Ursache für die sinkenden Preise ist nicht höhere Arbeitsproduktivität, sondern sinkende Nachfrage." Außerdem seien die Inflationserwartungen nicht mehr verankert.
Von entankerten Inflationserwartungen sprechen Notenbanker, wenn Verbraucher wie Finanzmarktakteure nicht mehr darauf vertrauen, dass die EZB langfristig ihr Inflationsziel von knapp zwei Prozent erreicht.
EZB-Präsident Mario Draghi und andere Mitglieder des EZB-Rats warnen seit längerem vor dieser Gefahr. Die abrutschenden Inflationserwartungen gelten als zentrales Argument für einen breit angelegten Staatsanleihenkauf, den die Notenbank kommende Woche beschließen könnte. Ob diese Maßnahme tatsächlich angebracht ist, bleibt gerade in Deutschland umstritten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht zumindest in Deutschland keinen Preisverfall heraufziehen. "Ich sehe keine Anzeichen für eine Deflation. Wir haben in Deutschland eine ziemlich starke Verbrauchernachfrage", sagte Schäuble beim "Welt"-Wirtschaftsgipfel. "Das wollen wir nicht zerstören, und deshalb brauchen wir weiterhin eine solide Haushaltspolitik."
Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain lobte die Krisenpolitik der EZB grundsätzlich, mahnte aber auch, die Balance zu wahren. "Eine weitere Lockerung der Geldpolitik sollte nicht den politischen Druck von diesen Ländern nehmen, weitere Reformen zu unternehmen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur