Geheime Absprachen zwischen Deutscher Post und Bundesnetzagentur?
Archivmeldung vom 21.11.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Verdacht auf wettbewerbsverhindernde Absprachen zwischen Bundesnetzagentur und Deutscher Post, über den die aktuelle Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" (47/ 2011) berichtet, gleicht auf verblüffende Weise dem Geschehensablauf bei der Öffnung der Auskunfts- und Teilnehmerverzeichnismärkte.
So wie die Deutsche Post in Absprache mit Bundesregierung und Bundesnetzagentur laut "Spiegel" offenbar versuchte, eine Regulierung der Postmärkte zu verhindern, haben Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt allem Anschein nach auch im Fall der Deutschen Telekom eine faire Regulierung im Auskunfts- und Telefonbuchmarkt blockiert.
"Die im 'Spiegel' beschriebenen Methoden der Regulierung scheinen in den ersten Jahren der Marktöffnung nicht nur bei der Bundesnetzagentur, sondern im Fall der Deutschen Telekom auch beim Bundeskartellamt in Zusammenarbeit mit Bundesnetzagentur praktiziert worden zu sein", sagt Prof. Dr. Georg Jochum, der die Gründer des Auskunftsdienstes Telegate, Dr. Klaus Harisch und Peter Wünsch, in einer Schadensersatzklage vertritt.
So wurde 1999 ein Kartellamtsverfahren wegen überhöhter Kosten für die Überlassung von Teilnehmerdaten durch einen Vergleich zwischen Telekom und Bundeskartellamt eingestellt und auf eine Kostenprüfung verzichtet.
Dieser Vergleich besagte, dass die Deutsche Telekom 176 Mio. DM jährliche Kosten für die Überlassung der Teilnehmerdaten abrechnen durfte, obwohl wenige Wochen zuvor das Kartellamt von nur 100 Mio. DM Kosten ausgegangen ist. Im Jahr 2003 wurden die Kosten erneut im Vergleichswege gesenkt - diesmal auf ca. 45 Mio. Euro. Auch hier fand keine Kostenprüfung statt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Deutsche Telekom jeweils einen Vergleich schloss, um Kostenprüfungen zu vermeiden.
Erst im Jahr 2005, also 7 Jahre nach der Marktöffnung und nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, fand eine Kostenprüfung durch die Behörde statt, welche jährliche Gesamtkosten in der Höhe von 770.000 Euro ergab. Im Jahr 2010 wurde aufgrund gerichtlicher Entscheidungen diese Summe auf ca. 1,6 Mio. Euro korrigiert.
Dies bedeutet, dass in einem fairen Regulierungsverfahren bei der Öffnung des Auskunftsmarktes nicht 90 Mio. Euro, sondern unter 2 Mio. Euro jährliche Kosten für die Deutsche Telekom festgesetzt worden wären. Die daraus entstandenen Schäden, welche deshalb von Wettbewerbern bis heute eingeklagt worden sind, belaufen sich inzwischen auf über 1 Mrd. Euro.
Quelle: Prof. Dr. Georg Jochum, Wilms&Schaub Rechtsanwaltsges. mbH (Attorneys at law) (ots)