Bombardier lehnt Einstieg der Russen ab
Archivmeldung vom 23.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer kanadische Verkehrskonzern Bombardier will in absehbarer Zeit keine Firmenanteile an den russischen Bahnhersteller Transhmash verkaufen. "Das ist in absehbarer Zeit nicht unser Plan", sagte André Navarri, Vorstandschef der Bahnsparte Bombardier Transportation, dem "Tagesspiegel".
"Aber wir können nie nie sagen, das Leben ist immer offen", erklärte er weiter. Bislang hatte es Spekulationen gegeben, die Russen könnten einen Anteil von Bombardier erhalten und im Gegenzug umfangreiche Aufträge an das Unternehmen vergeben. Allerdings bezeichnete Navarri den russischen Markt als "viel versprechend". "Bis 2015 braucht Russland über 11500 neue Lokomotiven, da müssen wir dabei sein." Bombardier Transportation wolle zudem das Geschäft in Asien weiter ausbauen. "Wir denken über weitere Gemeinschaftsunternehmen in China nach", sagte Navarri. Bislang unterhält Bombardier zwei Joint-Ventures in dem Land. Sein Unternehmen wolle für Indien, China und Russland der wichtigste Partner werden.
Navarri kündigte weiter an, die bis 2009 geplante Steigerung der Rendite bei Bombardier Transportation werde dauerhaft sein. "Wenn wir die sechs Prozent erreichen, wird das auch nachhaltig sein." Er verwies auf den hohen Auftragsbestand von derzeit 31 Milliarden US-Dollar, der für vier Jahre reiche. Es brauche aber Zeit, die Marge zu erhöhen. "Wir könnten besser sein", räumte er ein. Allerdings sei man auch erst vor vier Jahren in die Gewinnzone zurückgekehrt. Für die Zukunft erwartet Navarri gute Geschäfte. "Die Eisenbahn ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, deshalb wird es in den nächsten Jahren für sie einen ganz neuen Schub geben." Ohne den Ausbau der Schiene ließen sich die Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 nicht um 20 Prozent senken. "Europa hat hier die einmalige Gelegenheit, hier zum Vorreiter zu werden."
Bombardier will neue Stellen in Hennigsdorf schaffen
Der weltgrößte Bahntechnikhersteller Bombardier Transportation plant Neueinstellungen in seinem Werk Hennigsdorf bei Berlin. "Wir suchen Personal", sagte Vorstandschef André Navarri dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Er könne aber nicht sagen, wie viele neue Jobs besetzt werden müssten. "Es wird nicht einfach, genügend Ingenieure und Projektmanager zu finden", erklärte Navarri lediglich. Für Bombardier werde qualifiziertes Personal der größte Engpassfaktor sein.
Zur Entwicklung des Werkes sagte er, dass sich Hennigsdorf mit den derzeit 1600 Beschäftigten gut entwickle. "Hennigsdorf profitiert stark vom Talent-2-Auftrag der Bahn", berichtete Navarri mit Blick auf die Großbestellung von 321 Regionalzügen des Staatskonzerns. Der neu entwickelte Zug werde erstmals im September auf der Berliner Bahn-Messe Innotrans präsentiert, kündigte Navarri an. Im Segment der Regionalzüge erwarte Bombardier "in den kommenden Jahren das stärkste Wachstum". Die schwierige Phase, die der Konzern in Deutschland seit 2004 erlebt hatte, sei "nun vorbei, von unserem hohen Auftragsbestand profitieren alle acht deutschen Standorte, natürlich auch Hennigsdorf". Die deutschen Werke seien derzeit "ganz gut ausgelastet, allerdings gibt es noch Spielraum nach oben", bekannte er.
Navarri hofft für die Zukunft auf die Teilprivatisierung der Bahn. "Die Bahn ist einer unserer größten Kunden weltweit, deshalb ist die Privatisierung gut für uns", sagte der Manager. "Wächst die Bahn, wächst auch Bombardier." Allerdings habe die Debatte darüber den Börsengang "viel zu lange gedauert". Wenn der Konzern nun neue Züge bestelle, könne es angesichts der anziehenden Nachfrage zu sehr langen Lieferfristen kommen.
Navarri bekannte sich zum Standort Berlin, der Weltzentrale der Transportsparte. "Berlin ist ein guter Standort, die Stadt ist schön, die Politik unterstützt uns, wir haben nicht vor, etwas zu verändern." Bislang sei die Beziehung zu Berlin "eine Love-Story".
Quelle: Der Tagesspiegel