Gewerkschaften: Lehrstellenlücke steigt auf 40 000
Archivmeldung vom 21.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Lage auf dem Lehrstellenmarkt wird sich in diesem Jahr stärker verschlechtern als bislang angenommen. Mindestens 40 000 Jugendliche werden keinen Ausbildungsplatz bekommen, prognostizierte die Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ingrid Sehrbrock, im Gespräch mit dem "Tagesspiegel".
Die tatsächliche Zahl der Bewerber
ohne reguläre Stelle sei aber noch größer und liege bei 140 000. "Ein
großer Teil der jungen Leute, die sich mehrfach erfolglos beworben
haben, absolvieren erst einmal Wehr- oder Zivildienst, gehen weiter
in die Schule oder in eine der vielen Maßnahmen der Bundesagentur",
argumentierte Sehrbrock. "Die Lage ist weitaus dramatischer, als es
Regierung und Wirtschaft wahrhaben wollen", sagte sie. "Der
Ausbildungspakt ist gescheitert, nur mit Appellen und Klinkenputzen
bei den Unternehmen kommt man nicht weiter." Um Altbewerbern eine
Perspektive zu geben, müsse es ein Sonderprogramm für 50000
zusätzliche Plätze geben, finanziert von der Bundesagentur. Sie plant
bislang nur 7500 zusätzliche Stellen für Jugendliche aus
Migrantenfamilien.
Die Unternehmen teilen die Prognosen des DGB nicht. "Die
Paktpartner sind zuversichtlich, dass alle Schulabgänger, die sich
ernsthaft um Ausbildung bemühen, auch eine Chance bekommen", sagte
Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages (DIHK). Im Vergleich zu 2003 sei die Zahl der
Lehrverträge bei den Kammern um knapp neun Prozent gestiegen. Zudem
melde ein großer Teil der Betriebe ihre Lehrstellen nur hin und
wieder oder gar nicht bei der Bundesagentur für Arbeit (BA). "Wir
schätzen, dass die Lehrstellenlücke Ende September 2006 nicht
wesentlich größer sein wird als im vergangenen Jahr: etwa 30 000",
sagte Braun. Danach gingen die Anstrengungen weiter, "bis Jahresende
werden wir die Lücke weiter schließen können".
Manfred Kremer, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung
(BIBB), erwartet für die kommenden Jahre eine unterschiedliche
Entwicklung in Ost und West. In den alten Ländern werde die Nachfrage
nach Lehrstellen wegen geburtenstarker Jahrgänge noch bis 2012
steigen. "Das Angebot an betrieblichen Plätzen wächst vermutlich
nicht im selben Maß." Um Engpässe zu überbrücken, sollten
Berufsfachschulen oder Berufsbildungsstätten daher zusätzliche
Ausbildungen anbieten. Dagegen werde es im Osten ab 2008 prekär -
"dann werden nur noch halb so viele Jugendliche wie 2004 die Schulen
verlassen, und die Firmen in den neuen Ländern werden Hände ringend
nach Bewerbern suchen". Sicherlich würden sie dann versuchen, junge
Leute aus dem Westen anzuwerben.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel