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Ein Jahr nach Erreichen der 30%-Quote kommen weniger Frauen neu in die DAX-30-Aufsichtsräte hinzu

Archivmeldung vom 27.05.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.05.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Gerd Altmann/AllSilhouettes.com / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann/AllSilhouettes.com / pixelio.de

Ein Jahr nach Erreichen der gesetzlichen Frauenquote von 30% in den DAX-30-Aufsichtsräten (Aktionärsvertreterseite) ist beim Anteil der Frauen bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten ein Rückgang zu verzeichnen. Der Frauenanteil unter den neu gewählten Aufsichtsräten betrug nur 23%; das ist der niedrigste Wert seit 2010.

Die Quote ist nur deshalb nicht gefallen, weil proportional mehr Männer als Frauen ausgeschieden sind; sie liegt aktuell bei 32,3%. Auch bei der Besetzung der Vorsitze von Aufsichtsräten und deren Ausschüssen mit Frauen ging es nur langsam voran. Unter den 30 Aufsichtsratsvorsitzenden gibt es 2019 zwei Frauen (mit Martina Merz bei Thyssen Krupp eine mehr als 2018) und von den 132 Ausschussvorsitzen sind 17 mit Frauen besetzt (zwar sechs mehr als im Vorjahr, wovon aber fünf Vorsitze in Ausschüssen auf Martina Merz entfallen). Das geht aus einer Erhebung der Personalberatung Russell Reynolds Associates hervor. Seit neun Jahren analysiert das auf die Besetzung von Spitzenpositionen spezialiserte Unternehmen die Zusammensetzung der Aufsichtsräte der DAX-30-Unternehmen in einer jährlichen Studie.

"Die Dynamik beim Wachstum des Frauenanteils ist 2019 zum Erliegen gekommen. Auch der Einfluss in den DAX-30-Aufsichtsgremien steigt nur langsam. Gemessen in Aufsichtsrats- und Ausschussvorsitzen besteht die ungleiche Machtverteilung zwischen Männern und Frauen weiterhin", so Jens-Thomas Pietralla, Leiter der Europäischen CEO & Board Praxisgruppe bei Russell Reynolds Associates. "Das gilt auch für die Vorstände. Zwar haben acht DAX-30-Unternehmen einen Frauenanteil von 20% oder höher. Sieben Unternehmen haben aber immer noch einen rein männlichen Vorstand."

Signifikante Fortschritte gab es hingegen bei der Besetzung von DAX-30-Aufsichtsräten mit Digitalisierungexperten: zehn Digital-Fachleute sind 2019 neu in die Aufsichtsräte gewählt worden. Mehr als zwei Drittel der DAX-30-Unternehmen verfügen nun über Digitalkompetenz im Aufsichtsgremium.

Weiter kommt die Russell Reynolds-Studie zu dem Ergebnis, dass die Verflechtung der DAX-30-Aufsichtsräte untereinander stark abgenommen hat. Sieben Unternehmen sind über ihre Aufsichtsräte mit fünf oder mehr DAX-30-Unternehmen verbunden, 16 Firmen sind mit bis zu vier anderen DAX-30-Unternehmen vernetzt, sieben Unternehmen haben überhaupt keine Verbindung zu den Aufsichtsräten der anderen DAX-30-Unternehmen. Entsprechend ist die Ämterhäufung im DAX 30 zurückgegangen. "Die Entflechtung schreitet weiter voran, die Häufung von Aufsichtsratsämtern im DAX 30 nimmt ab. Die früher als Deutschland AG kritisierte Querverflechtung existiert so nicht mehr", resümiert Dr. Thomas Tomkos, Leiter der deutschen CEO & Board Praxisgruppe bei Russell Reynolds Associates.

Allerdings müsste sich bei Umsetzung aller Empfehlungen des neuen Deutschen Corporate Governance Kodex - auch nach der neuesten Überarbeitung - die jetzige Zusammensetzung der DAX-30-Aufsichtsräte noch einmal ganz erheblich ändern, wie die Studie aufzeigt: Sieben Aufsichtsratsvorsitzende und 14 Aufsichtsräte wären nach neuer Definition des Kodex nicht unabhängig, d.h. länger als zwölf Jahre im Amt. 38 Aufsichtsräte wären nach neuer Definition 'Overboarding-gefährdet', würden also zu viele Mandate halten. Um dem Kodex in der neuesten Fassung zu entsprechen, müssten Aufsichtsratsvorsitzende insgesamt 23 Ämter niederlegen, weitere 'normale' Aufsichtsräte sich in Summe von 59 Mandaten trennen. Somit müssten die jetzigen DAX-30-Aufsichtsräte insgesamt 82 Mandate in Aufsichtsräten oder vergleichbaren Kontrollgremien abgeben. "Die Einführung und strenge Auslegung des neuen Governance Kodex hätte enorme Sprengkraft", urteilt Thomas Tomkos.

Bei der Internationalisierung der Aufsichtsgremien gab es in 2019 zwar einen leichten Anstieg; der Anteil der Aufsichtsräte ohne deutschen Pass ist von 28% auf 30% gestiegen. Die Hälfte dieser Zunahme resultiert aber aus dem Zusammenschluss von Linde mit Praxair, über den vier US-Amerikaner neu im DAX 30 vertreten sind. "Bei der Internationalisierung hinkt Deutschland anderen Ländern hinterher", so Tomkos. Zum Vergleich: Beim Schweizer Pendant zum DAX 30, dem SMI, ist der Anteil der Nicht-Schweizer unter den Verwaltungsräten fast doppelt so hoch (57%).

Auch die Vergütung im Jahr 2018 war Gegenstand der Untersuchung von Russell Reynolds. Hier gibt es ein starkes Gefälle innerhalb des DAX. Ganz oben steht die Deutsche Bank. Ein Aufsichtsrat der Deutschen Bank bekommt das Sechsfache von dem, was ein Aufsichtsrat von Merck bekommt. Die durchschnittliche Vergütung eines DAX-Aufsichtsrats betrug 191.000 Euro, ein Plus von 7,3% gegenüber dem Vorjahr. Groß ist auch der Abstand zur Vergütung der Vorstandsvorsitzenden der DAX-30-Unternehmen. Ein CEO bekommt im Schnitt 14 Mal so viel wie der Vorsitzende eines Aufsichtsrats. Auch die Gesamtvergütung der Vorstände innerhalb des DAX weicht stark voneinander ab. Die Deutsche Bank wandte im letzten Jahr über 70 Millionen Euro für ihre zehn Vorstände auf, elf Mal so viel wie RWE für seine beiden Vorstände.

Quelle: Russell Reynolds Associates (ots)

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