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Mitarbeiter verklagen Wal-Mart wegen Ethikkodex

Archivmeldung vom 17.03.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Michael Dahlke

Der Gesamtbetriebsrat von Wal-Mart Deutschland zieht gegen den Handelskonzern wegen eines umstrittenen Verhaltenskodexes für seine Mitarbeiter vor Gericht.

Die Klage sei in Vorbereitung und solle zeitnah erhoben werden, verlautete aus Arbeitnehmerkreisen.

Die Beschlüsse vom Mittwoch seien dafür eine wichtige Voraussetzung gewesen. Die deutschen Mitarbeiter des weltgrößten Handelskonzerns hatten zusammen mit der Gehaltsabrechnung für Februar eine so genannte Ethikrichtlinie erhalten. Diese verbietet den Mitarbeitern unter anderem, Geschenke von Lieferanten anzunehmen, und macht außerdem Verhaltensvorgaben für private Beziehungen bis hin zu Liebesbeziehungen.

Wal-Mart betonte am Mittwoch, mit dem Kodex sollten lediglich Nachteile aus Beziehungen von Vorgesetzten mit Untergebenen verhindert werden. "Die Betriebsräte wurde im Vorfeld über den Versand der Unternehmensethik informiert", teilte die deutsche Tochter des US-Unternehmens weiterhin mit. Da es sich um eine freiwillige Regelung handele, sei die Mitwirkung der Betriebsräte gar nicht notwendig; die deutschen Mitbestimmungsregeln würden mithin nicht verletzt.

Genau das sehen die Arbeitnehmervertreter anders. Wal-Mart habe bei der Einführung seiner neuen Ethikvorschriften den Betriebsrat nicht ausreichend berücksichtigt und damit gegen die Mitbestimmung verstoßen, lautet ihr Vorwurf. Außerdem würden einige Vorgaben dem Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter widersprechen. Mit der Klage vor dem Arbeitsgericht soll nun erreicht werden, dass dem Konzern die Anwendung der Richtlinie so lange untersagt wird, bis die Mitbestimmungsregeln eingehalten werden.

Kein Einzelfall

Mit der Diskussion um seine Ethikstandards steht Wal-Mart nicht allein da. International geltende Verhaltensvorgaben von US-Unternehmen für ihre Mitarbeiter sind auch in Deutschland schon seit vielen Jahren die Regel. "Bei IBM gibt es weltweit gültige Verhaltensgrundsätze, die jeder Mitarbeiter unterschreibt", sagte ein Sprecher des Technologiekonzerns auf Anfrage. Auch beim Konsumgüterkonzern Procter & Gamble existiert bereits seit Jahren ein weltweit geltender "Code of Business Conduct".

Allerdings hatten manche Unternehmen ihre Ethikvorschriften in der Vergangenheit deutlich verschärft. Ein Grund dafür war der so genannte Sarbanes-Oxley Act, der nach zahlreichen Börsenskandalen in den USA neue Rechtsverstöße in den Unternehmen schneller aufdecken und verhindern sollte.

In Deutschland macht die Umsetzung dieser verschärften Anforderungen offenbar besondere Probleme. "Da prallen zwei Kulturen aufeinander. Wir haben andere Vorstellungen von Datenschutz und Persönlichkeitsrechten als die Amerikaner", sagt ein Arbeitsrechtler.

Kritik an Ethik-Hotline

Vor allem eine so genannte Ethik-Hotline, mit der die Mitarbeiter Verstöße gegen Ethikgrundsätze melden sollen, stößt hier zu Lande auf Ablehnung. Die Hotline werde intern bereits als "Denunzier-Tool" bezeichnet, sagt der Betriebsrat eines IT-Unternehmens.

Auch beim Netzwerkausrüster Lucent in Deutschland ist deutlicher Unmut über die unternehmenseigene Ethikrichtlinie zu spüren. "Wir haben das übergestülpt gekriegt", heißt es dort. Derzeit werden bei Lucent Verhandlungen für eine Betriebsvereinbarung geführt. "Ethikrichtlinien können Regelungen enthalten, die dem deutschen Recht entgegenstehen", sagte eine Lucent-Sprecherin. Die Betriebsvereinbarung solle klarstellen, dass in einem solchen Fall die deutschen Gesetze vorrangig seien. "Das deutsche Recht soll nicht umgangen werden", sagte die Sprecherin.

Quelle: http://www.ftd.de/ub/di/1110611620400.html?nv=lnen

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