Zustand rot - Zahlen schwarz
Archivmeldung vom 30.03.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bündnis "Bahn für Alle" hat gestern die Bahnbilanz 2006 von Bahnchef Hartmut Mehdorn scharf kritisiert und eine Gegenbilanz aufgemacht. Darin belegt das Bündnis, dass die Bahn ihre Gewinne auf Kosten von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, Bahn-Beschäftigten und Klimaschutz eingefahren hat.
Zieht man die staatlichen Zuschüsse für Schieneninfrastruktur und Nahverkehr
von rund acht Milliarden Euro ab, so wird aus dem angeblich dicken Plus in
2006 ein dickes Minus", sagte Jürgen Mumme von Robin Wood, einem der elf
Bündnispartner von "Bahn für Alle". "Diese Zuschüsse im gesellschaftlichen
Interesse dürfen nicht zum Gewinn von Investoren werden."
In
Vorbereitung auf die Kapitalprivatisierung sei es zu Streckenstilllegungen
und der Vernachlässigung des Schienennetzes gekommen, 180.000 Arbeitsplätze
seien abgebaut und Schulden angehäuft worden. Mehdorn verschweige den wahren
Zustand der Bahn, um zu demonstrieren, dass die Bahn fit sei für die Börse.
Aus Protest gegen den Privatisierungskurs der Bahn demonstrierten gestern
Vormittag Aktivistinnen und Aktivisten von Robin Wood, Attac und Verdi
am Potsdamer Platz in Berlin, wo Mehdorn seine Bilanz der Presse
präsentierte.
"Mehdorns glänzende Zahlen sind zwar geeignet, um
potentielle Aktionäre zu beeindrucken, die Allgemeinheit aber trägt die
Kosten dieser Privatisierungspolitik", kritisierte Mumme. Der Anteil
des Schienenverkehrs an der Güterbeförderungsleistung habe seit 1994
nicht zugenommen. Somit sei ein elementares Ziel der Bahnreform klar
verfehlt worden. "Immer mehr LKW brettern über Deutschlands Straßen.
Die Emissionen belasten das Klima und gefährden, dass Deutschland
die Kyoto-Ziele erreicht", so Jürgen Mumme. "Um eine klimaschonende Verkehrspolitik umsetzen zu können, muss die Bahn in
öffentlicher Hand bleiben."
Auch die Infrastruktur habe durch Mehdorns
Privatisierungskurs gelitten. Zwischen 1994 und 2004 wurden 5.000 Kilometer
Strecke stillgelegt und zahlreiche Weichen ausgebaut. Allein in den letzten
zehn Jahren wurden 400 Bahnhöfe geschlossen. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs hat die Bahn seit 2001 rund 1,5 Milliarden Euro zu wenig
in die Instandhaltung der Gleise gesteckt, so dass sich durch die
mittlerweile 2.300 Langsamfahrstrecken immer mehr Züge verspäten. Laut einem
Bahnbericht zur Pünktlichkeit kam 2006 im Schnitt jeder vierte Schnellzug
verspätet ans Ziel. "Während in China und in den USA LKW unter Mehdorns
Kommando fahren, lässt er in Deutschland das Schienennetz in großen
Teilen verkommen", sagte Bernhard Knierim von Attac, einem
weiteren Bündnispartner. "Das Unternehmen heißt nicht DB Welt, sondern
Deutsche Bahn. Damit sind die Aufgaben klar beschrieben: Es soll vor
allem attraktiven Schienenverkehr in Deutschland anbieten."
180.000
Stellen wurden seit 1994 im Schienenverkehr abgebaut, das Tarifentgelt
abgesenkt und die Arbeitszeit verlängert. "Doch für die Bilanz zahlte sich
das nicht aus: Mit der Bahnreform von 1994 wurden der Bahn 34 Milliarden Euro
Schulden abgenommen. Durch Mehdorns Unternehmenseinkäufe im Ausland ist die
Bahn heute aber wieder mit 20 Milliarden Euro in den roten Zahlen",
kritisierte Berhnard Knierim.
Das Bündnis "Bahn für Alle" wird getragen von Attac, Bahn von unten, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Eurosolar, Grüne Jugend, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, Umkehr, VCD Brandenburg sowie Verdi und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand.
Quelle: Pressemitteilung Robin Wood