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Beruflicher Aufstieg: Große Klappe genau so gut wie Kompetenz?

Archivmeldung vom 06.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Die Vermutung, dass der Chef nicht immer der Klügste ist, ist nicht neu. Trotzdem gibt es die Frage, warum gerade er der Chef ist und warum ihn alle für kompetent halten. Wissenschaftliche Versuche belegten jetzt, dass die Dominanz einer Person der Karriere genauso dienlich sein kann, wie Kompetenz.

In der Arbeitswelt gibt es einen allgemeinen Grundverdacht, und der heißt: Mein Chef ist auch nicht schlauer als ich. Was umgehend zur Frage führt: Warum ist er der Boss und ich der Untergebene - und nicht umgekehrt?

Die Antwort wurde auf 13 Seiten im Psychologiefachblatt "Journal of Personality and Social Psychology" veröffentlicht, aber Studienautor Cameron Anderson kann sie auch in einem Satz zusammenfassen: "Der Anschein von Kompetenz kann einer Person genauso viel Einfluss sichern wie tatsächliche Kompetenz."

Kein ganz neuer Verdacht, aber wie kann man das messen? Unter Laborbedingungen wurden an der kalifornischen Berkeley-Universität 68 Studenten in 4er-Gruppen aufgeteilt. Diese Gruppen sollten zum Beispiel eine fiktive Umweltorganisation aufbauen oder komplizierte Mathematikaufgaben lösen.

Die ganze Zeit über wurde gefilmt, wie sie sich und die Arbeit organisieren und wer das Ruder übernahm. "Wir fanden dabei heraus, dass dominante Menschen sich so verhalten, als wären sie besonders sachkundig. Sie bieten zur Problemlösung schnelle und ausführliche Antworten an, auch wenn sie dabei nicht richtiger als alle anderen liegen. Aber sie geben häufiger ihre Meinung und Einstellung bekannt - und das ist der Schlüssel. Die Gruppe schluckt die erste Antwort als richtige, stellt sie nicht in Frage, bemüht sich auch nicht um Alternativen. Und da haben dominante Personen deshalb einen Vorteil, weil sie sich nun mal zuerst melden. Und weil ihre Idee nicht in Frage gestellt wird, gelten sie als besonders schlau."

Das bringt alle in eine schwierige Lage: Die Gruppe vertraut dem scheinbar fähigsten Mitglied, das tatsächlich aber nur besonders selbstbewusst oder meinungsstark ist. Der neue Chef oder die Chefin dagegen nimmt die Aufgabe an, ohne wirklich die eigenen Grenzen erkennen zu können. "Selbstvertrauen hat wenig mit echter Fähigkeit zu tun. Man sollte meinen, jeder Mensch könne sich ganz gut selbst einschätzen, aber das ist ein Irrglaube."

Und selbst ein langwieriger Auswahlprozess mit anschließender Wahl muss nicht zwangsläufig einen besonders kompetenten Chef bringen, wie sich am Beispiel George W. Bush beobachten ließ. Der wurde sogar wiedergewählt, gilt heute aber als einer der schlechtesten Präsidenten der USA. "Die Art, wie wir unseren Präsidenten wählen, hat viele, viele Mängel. Da werden Charaktereigenschaften belohnt, die nicht erkennen lassen, ob dies wirklich ein akzeptabler Präsident wäre. Beispiel: Man muss gut im Fernsehen rüberkommen, was nichts darüber sagt, ob man die richtigen Entscheidungen treffen kann. Andererseits verleiht Dominanz aber eine Art Aura der Kompetenz, die zum Mythos besonderer Fähigkeiten führen kann. Und dieser Eindruck kann den Interessen des Landes durchaus helfen, wenn der Präsident mit Politikern anderer Staaten verhandelt. Also: Selbst der Eindruck von Kompetenz kann nützlich sein, selbst wenn er falsch ist."

Ein schlechter US-Präsident ist nach spätestens acht Jahren verschwunden. Anders ist das im Büro- oder Unternehmensalltag. Frage: Wie werde ich einen Chef los, der keine Ahnung hat, sich aber super verkaufen kann? Professor Cameron Anderson hat eine Antwort, für die man vermutlich nicht unbedingt eine Studie braucht. "Wenn diese Person hilfreich ist, weil sie für Sie kämpft und die scheinbare Kompetenz Ihnen und Ihrer Gruppe nützt, seien Sie froh und zufrieden. Aber wenn die mangelnden Fähigkeiten Ihnen und Ihrer Gruppe schaden, dann ist es Zeit, entweder einen neuen Chef zu finden - oder einen neuen Job."

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