Inkasso-Umfrage: Coronakrise drückt Zahlungsmoral von Verbrauchern und Unternehmen
Archivmeldung vom 04.05.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Coronapandemie wirkt sich auf die Zahlungsmoral aus. Bereits jetzt beobachten 69 Prozent der Inkassounternehmen, dass sich die Rechnungstreue privater Schuldner seit Beginn der Krise verschlechtert hat. Für gewerbliche Schuldner bestätigen das sogar 74 Prozent der Rechtsdienstleister. Deren aktuelle Branchenumfrage zeigt aber auch, dass es sich erst um den Beginn einer noch stärkeren Eintrübung handeln dürfte.
Denn immerhin 83 Prozent der befragten BDIU-Unternehmen berichten, dass Privatschuldner derzeit wegen Kurzarbeit nicht zahlen können. Noch im November, bei der vorigen Umfrage, spielte dieser Nichtzahlgrund gar keine Rolle. 65 Prozent erklären zudem, dass säumige Verbraucher unter einem erst durch die Coronakrise ausgelösten Liquiditätsengpass litten.
"Millionen von Arbeitnehmern fehlen im Moment die Einnahmen, um alle ihre Rechnungen zuverlässig und pünktlich bezahlen zu können", beschreibt Kirsten Pedd, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen, die Lage. "Immer mehr Firmen sehen sich dadurch mit säumigen Kunden konfrontiert."
Besonders leiden ausgerechnet die Betriebe, deren Geschäftstätigkeit durch den Lockdown ohnehin massiv eingeschränkt ist. 64 Prozent der Inkassounternehmen nennen das Sport- und Freizeitgewerbe, vor allem Fitnessstudios, als stark betroffene Branche. Auf Platz zwei und drei folgen Restaurants sowie das Hotelgewerbe. Gerade hier sind die Veränderungen besonders krass. Im November meldeten lediglich 7 Prozent der Inkassofirmen, dass Hotels Probleme mit der Kunden-Rechnungstreue hatten - jetzt sind es 56 Prozent, also achtmal so viele.
Zudem sorgen durch die Krise ausgelöste Liquiditätsengpässe (86 Prozent laut Umfrage) dafür, dass auch bei B2B-Geschäften Zahlungen ins Stocken geraten. Und 69 Prozent der Inkassofirmen beobachten, dass gewerbliche Schuldner unter Zahlungsausfällen bei eigenen Kunden leiden. Für Kirsten Pedd ist das ein Alarmsignal: "Viele Firmen haben in Zeiten der Hochkonjunktur ihr Forderungsmanagement sträflich vernachlässigt. Deren Kunden fühlten sich schon damals dazu verleitet, Zahlungsziele zu dehnen - jetzt verstärkt das die Risiken zusätzlich."
Auch eine schlechte Auftragslage (48 Prozent) sowie mangelndes Eigenkapital (41 Prozent) sind aktuell relevante Nichtzahlgründe bei gewerblichen Schuldnern. "Diese Liquiditätsschwierigkeiten verursachen Dominoeffekte", mahnt Pedd, "die sich rasant entlang der Lieferketten verbreiten können. Zehntausenden Firmen droht in den nächsten Monaten die Zahlungsunfähigkeit." In der Umfrage rechnen 96 Prozent der Inkassodienstleister mit deutlich mehr Firmenpleiten bis zum Jahresende.
Die Verbandschefin befürchtet, dass das erst der Anfang einer längeren Krise sein könnte. Um sie zu bewältigen, sei verantwortungsbewusstes Handeln gefragt - auch die Inkassobranche sei da gefordert. So würden sich viele Schuldner derzeit bei den Inkassounternehmen mit dem Hinweis melden, wegen der Coronakrise nicht zahlen zu können. Die Rechtsdienstleister seien, betont Pedd, dazu aufgerufen, hier mit Fingerspitzengefühl und dem angemessenen Entgegenkommen zu reagieren.
"In diesen Fällen ist es beispielsweise möglich, Zahlungen aufzuschieben, Stundungen oder Raten zu vereinbaren oder bestehende Ratenzahlungen in der Höhe anzupassen", erklärt Pedd. Wichtig sei es, aufeinander zuzugehen. "Mein Motto ist: Reden hilft. Wer nicht zahlen kann, sollte die Gründe dafür mitteilen und sich offen und kooperativ zeigen. Die Erfahrung zeigt, dass sich dann immer vernünftige Lösungen finden lassen. So funktioniert verantwortungsvolles Inkasso, das ganz wesentlich zum Erhalt des Wirtschaftskreislaufs beiträgt."
Quelle: Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen BDIU (ots)