Monopolkommission erwägt stärkere Beobachtung von Tech-Konzernen
Archivmeldung vom 17.02.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.02.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie großen US-Internetplattformen könnten in Deutschland künftig noch stärker durch das Bundeskartellamt beobachtet werden. Es spreche einiges dafür, einige Tech-Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb einzustufen, sagte Jürgen Kühling, Vorsitzender der Monopolkommission, dem "Handelsblatt".
Eine solche Klassifizierung gibt den Wettbewerbshütern die Möglichkeit, den Missbrauch der Marktmacht mit Sanktionen zu ahnden. Ähnlich wie Großbanken sind die Tech-Konzerne nach Kühlings Ansicht zu einem systemischen Risiko für Staaten geworden. Deshalb sei es gut, dass der Entwurf der EU eines "Digital Services Act" dies adressiere. "Es ist wichtig, dass wir wie für die Kapitalmärkte auch für die Tech-Branche erst mal gute Lösungen in Europa finden", sagte Kühling.
Der Rechtsgelehrte am informationsrechtlichen Lehrstuhl der Universität Regensburg sprach sich gegen eine generelle Zerschlagung der Tech-Giganten aus, forderte aber strengere staatliche Vorgaben für Meinungsbeiträge in den sozialen Medien. Kühling kritisierte, dass der Europäische Gerichtshof durch sein Urteil von 2015 den Datentransfer zwischen Europa und den USA erheblich erschwert habe, und warnte davor, europäische Standards per "Grundrechtsimperialismus" weltweit anzuwenden. Der Jurist äußerte außerdem Verständnis für das Landgericht München, das kürzlich eine Zusammenarbeit zwischen dem Bund und Google beim nationalen Gesundheitsportal aus kartellrechtlichen Gründen untersagt hatte. "Die Begründung der Eilentscheidung ist sehr gut nachvollziehbar", sagte Kühling.
Dahinter stehe die sehr grundsätzliche Frage, ob der Staat eigenen Inhalten Priorität verschaffen und dadurch private Wettbewerber verdrängen dürfe etwa aufgrund einer Krisensituation oder um Falschnachrichten zu begegnen. Der geplante europäische Digital Services Act (DSA) wolle ein solches Vorgehen anscheinend durchaus erlauben. Der Chef der Monopolkommission warnte in diesem Zusammenhang vor Missbrauchspotenzialen, "wobei ich mir hier in Deutschland weniger Sorgen mache. Aber denken Sie an Länder wie Polen und Ungarn, deren Regierungen möglicherweise ganz andere Vorstellungen haben, welche staatlichen Informationen grundsätzlich Vorrang haben sollten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur