Bahn wird Skandalfirma nicht los
Archivmeldung vom 20.02.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.02.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Deutsche Bahn bestellt nach "Tagesspiegel"-Informationen immer noch bei einem Ersatzteillieferanten, obwohl die Staatsanwaltschaft - auf Betreiben der Bahn - eben gegen jenes Unternehmen seit fast einem Jahr ermittelt.
Der Bahneinkauf stimmte sogar mehrmals Preisen der Firma
Topro zu, die deutlich über denen der Konkurrenz lagen. Das geht aus
Unterlagen hervor, die dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe) vorliegen.
Eine Bahnsprecherin bestätigte auf Anfrage, dass noch mit Topro
zusammengearbeitet werde. Wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens
lehnte sie aber einen weiteren Kommentar ab.
Die Bahn gibt im Teileeinkauf pro Jahr einen dreistelligen
Millionenbetrag aus. Im Fall Topro hatte die Berliner
Staatsanwaltschaft im März 2005 Büros der Bahn in Berlin und München
sowie in Privathäusern auf der Schwäbischen Alb und in
Schleswig-Holstein durchsucht. Die Bahn selber hatte zuvor Anzeige
gegen einen leitenden Mitarbeiter erstattet. Dieser soll der
Vertriebsfirma Topro GmbH "Aufträge in Millionenhöhe unter
Ausschaltung des Wettbewerbs zugeleitet haben". Als Gegenleistung
soll der Bahnmitarbeiter wiederum von Topro "Zuwendungen in nicht
unerheblicher Höhe" erhalten haben.
Seit den Durchsuchungen lagern bei der Staatsanwaltschaft Akten,
die aber bis zuletzt noch nicht ausgewertet werden konnten.
Gleichzeitig schafft es die Bahn nicht, komplett zu anderen
Lieferanten zu wechseln. Noch am 5. Oktober 2005 erhielt Topro einen
Auftrag zur Lieferung von Ölfangringen - zu einem Preis, der
pünktlich zum 4. Oktober erhöht wurde und 67 Prozent über dem im
bisherigen Rahmenvertrag lag. Allein hier geht es um Mehrkosten von
40000 Euro für die Bahn.
Noch verheerender ist ein Auftrag für Thyristoren, elektronischen
Bauteilen, die in Loks zum Einsatz kommen. Topro erhielt Ende
November den Zuschlag für einen Großauftrag im Gesamtwert von fast
147000 Euro. Nur wenige Monate zuvor war aber bei einer
EU-Ausschreibung für das gleiche Bauteil ein viel niedrigerer Preis
herausgekommen. Die Differenz zu Gunsten Topros und zu Lasten der
Bahn diesmal: fast 100000 Euro. Voraussetzung für das Geschäft war,
dass Topro die Ersatzteile kurzfristig liefern würde. Doch der
Liefertermin wurde nach "Tagesspiegel"-Informationen auf Grund eines
angeblichen Transportschadens nicht eingehalten. Jetzt wird zwischen
Konzern und Topro über die Qualität der letztlich gelieferten Teile
und über die Bezahlung der Rechnung gestritten.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel