Die Party ist vorbei
Archivmeldung vom 29.01.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDie Stimmung ist schlecht zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos. Das konnte auch Putin mit seiner überraschenden Motivationsrede für freie Märkte und sichere Energiepolitik nicht ändern. Bis Sonntag wollen 2500 Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft Lösungen gegen die Krise suchen.
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin hat mit seiner Rede heute Abend offiziell das 39. Weltwirtschaftsforum in dem Schweizer Erholungsort Davos eröffnet. Diesem Spitzentreffen der Wirtschaftswelt wird angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise in diesem Jahr eine besondere Bedeutung zugesprochen.
Mit mehr als 40 Staats- und Regierungschefs werden doppelt so viele Spitzenpolitiker in Davos erwartet wie im vergangenen Jahr. Übermorgen wird Angela Merkel auf der Veranstaltung sprechen. Auch Großbritanniens Premier Gordon Brown ist zu Gast.
Offiziell werden beim Weltwirtschaftsforum zwar keine politischen Entscheidungen getroffen. Doch durch die Anwesenheit vieler einflussreicher Wirtschaftslenker und Politiker liegt es nahe, dass Strategien besprochen werden, die anschließend in den einzelnen Ländern und in den Chefetagen der Konzerne umgesetzt werden. Dabei geht es nach Angaben der Veranstalter weniger darum, an kurzfristigen Aktionsplänen zu arbeiten als vielmehr Strategien und Visionen für die Zeit nach der Krise zu präsentieren, um ein langfristiges Wirtschaftswachstum zu sichern.
n seinem Vortrag zur Eröffnung des Forums wirkte der russische Regierungschef Wladimir Putin angesichts des hohen Staatsanteils in seinem Land und der zurückliegenden Geschehnisse im Gasstreit mit der Ukraine wie ausgetauscht. Er warnte vor zu starken Staatseingriffen in der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise. «Ausuferndes Eingreifen in die wirtschaftliche Tätigkeit und das blinde Vertrauen in die Allmacht des Staates wären weitere mögliche Fehler», sagte Putin.
Niemand könne übersehen, dass der Geist freien Unternehmertums - einschließlich des Prinzips der persönlichen Verantwortung der Unternehmer, Investoren und Anteilseigner für ihre Entscheidungen - sich in den vergangenen Monaten aufgelöst habe, sagte Putin. «Aber es gibt keinen Grund zu glauben, dass wir bessere Ergebnisse dadurch erzielen, dass wir die Verantwortung auf den Staat schieben.»
Der russische Ministerpräsident legte auch seine Ansicht für eine bessere weltweite Energiepolitik dar. «Ich schlage vor, dass wir einen neuen internationalen rechtlichen Rahmen für Energiesicherheit niederlegen», sagte Putin. Jeder wisse, dass scharfe und nicht vorhersehbare Schwankungen der Energiepreise einen kolossalen destabilisierenden Faktor für die Weltwirtschaft darstellen. Darüber hinaus sei in der Finanzkrise die Wiederherstellung des Vertrauens unabdingbar. «Wir sollten uns von jetzt an darauf konzentrieren, als Hauptziel dieses gemeinsame Vertrauen zu finden», schloss der russische Präsident seine Rede.
Obwohl bereits seit dem frühen Morgen, lange vor der offiziellen Eröffnung, heftig diskutiert wurde, fand sich so gut wie niemand, der positiv gestimmt war. «Die Krise wird noch schlimmer», warnte der Medienmogul Rupert Murdoch. Er drückte damit aus, was viele der etwa 2500 Gäste der Organisatoren um den deutschen Professor Klaus Schwab empfinden: Das Motto des fünftägigen Treffens «Die Welt für die Zeit nach der Krise gestalten» sei etwas vorschnell gewählt.
So holte sich etwa der Pressesprecher des Weltwirtschaftsforums, Mark Adams, von Anleger-Guru George Soros eine harsche Abfuhr. Auf die Frage, wann denn die Weltwirtschafts- und Finanzkrise seiner Meinung nach vorbei sein werde, herrschte der 78-Jährige den deutlich Jüngeren an: «Solche Fragen sind für lange nicht relevant.» Der schwerreiche Investor hatte zuvor von einem «Tsunami» gesprochen, der die Weltwirtschaft erfasst habe. Die Billionen, die etwa zur Rekapitalisierung der Banken benötigt würden, seien gar nicht vorhanden. «Mir ist nicht klar, ob wir in der Mitte oder am Ende der Krise stehen», meinte auch Bayer-Chef Werner Wenning.
Klaus Schwab, der das Treffen von Davos 1971 gegründet hat, zeigte sich ebenfalls stark unsicher. «Wir haben eine Vertrauenskrise», sagte er vor Beginn des Treffens. Deshalb müssten in Davos Zeichen gesetzt werden, dass die Welt nach der Krise anders aussieht. In diesem Jahr gibt es somit auch keine Begegnungen mit Show-Stars wie Bono von U2, der Dauergast in Davos war. Auch auf Hollywood-Schönheiten wie Angelina Jolie oder Sharon Stone muss in diesem Jahr verzichtet werden. Die Party sei klar vorbei, machten viele Redner deutlich.