KfW-ifo-Mittelstandsbarometer: Ein Seufzer der Erleichterung
Archivmeldung vom 10.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Corona-Pandemie verursacht nie dagewesene Stimmungsschwankungen im deutschen Mittelstand. Das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen erholt sich im Mai stark, nachdem es zuvor historisch abgestürzt war.
Die aktuelle Klimaaufhellung von 10,3 Zählern auf nun -35,0 Saldenpunkte ist dabei zwar die zweitstärkste seit Beginn der Zeitreihe im Januar 2005, sie macht allerdings nur gut ein Fünftel der Einbrüche aus dem März und April wieder wett. Getragen wird die aktuelle Stimmungsverbesserung allein von den Geschäftserwartungen. Die Erleichterung über die begonnenen Lockerungen sorgt für einen deutlichen Anstieg von 20,7 Zählern, was gut dem Siebenfachen einer üblichen Monatsveränderung entspricht. Mit -36,7 Saldenpunkten liegen die Erwartungen jedoch weiterhin deutlich im negativen Bereich. Die Geschäftslageurteile sinken geringfügig um 1,9 Zähler auf -33,3 Saldenpunkte.
Der Mai brachte sichtbare Fortschritte bei der Eindämmung des Corona-Virus, sodass die seit der zweiten Märzhälfte eingeführten Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und umfangreich angeordnete Geschäftsschließungen inzwischen wieder gelockert werden können. Möglich wurde dieser Erfolg dank der Disziplin der Bevölkerung und der allgemeinen Akzeptanz der Einschränkungen auch durch die betroffenen Unternehmen. Dies gibt nicht nur den Mittelständlern sondern auch den Großunternehmen Hoffnung, dass das Allergröbste überstanden ist. So hellen sich im Mai auch die Geschäftserwartungen der großen Unternehmen nach dem Allzeittief im Vormonat historisch kräftig auf (+27,4 Zähler auf -31,8 Saldenpunkte). Demgegenüber fallen die Lageurteile auf Seiten der Großunternehmen (-4,4 Zähler auf -53,4 Saldenpunkte) weiterhin erheblich schlechter aus, sodass ihr Geschäftsklimaniveau mit -42,3 Saldenpunkten (+12,1 Zähler gegenüber April) spürbar niedriger ist als im Mittelstand.
Vor allem die Großindustrie leidet zusätzlich zur Corona-Krise schon länger unter schwacher internationaler Nachfrage, schwelenden Handelskonflikten und den anhaltenden Unwägbarkeiten des Brexit. Dementsprechend sind die Großunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes (+8,9 Zähler auf -51,7 Saldenpunkte) unter allen Segmenten weiterhin am schlechtesten gestimmt, gefolgt von den Mittelständlern dieses Wirtschaftsbereichs (+5,9 Zähler auf -40,8 Saldenpunkte). Auch die Exporterwartungen des Verarbeitenden Gewerbes verharren trotz deutlicher Anstiege gegenüber April weiterhin tief unter der Nulllinie. Unter allen Wirtschaftsbereichen am stärksten aufgehellt hat sich im Mai hingegen die Stimmung im Handel, bei dem die Wiedereröffnung der Ladengeschäfte positiv zu Buche schlägt. Sowohl im Großhandel (Mittelstand: +18,6 Zähler auf -37,9 Saldenpunkte; Großunternehmen: +16,1 Zähler auf -31,5 Saldenpunkte) und stärker noch im Einzelhandel (Mittelstand: +21,6 Zähler auf -22,2 Saldenpunkte; Großunternehmen: +25,9 Zähler auf -27,8 Saldenpunkte) zieht das Geschäftsklima deutlich zweistellig an. Absolut vorn in der Stimmungstabelle bleibt aber der mittelständische Bau (+5,9 Zähler auf -3,2 Saldenpunkte).
"Die Ergebnisse des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers seit März gleichen einer Achterbahnfahrt mit steil abstürzender Talfahrt und einer - im Vergleich dazu - eher kleinen Bergfahrt im Mai", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Auch wenn die aktuelle Stimmungsverbesserung in historischer Perspektive ausgesprochen kräftig ausfällt, ist sie doch nicht mehr als ein Seufzer der Erleichterung angesichts der jüngsten Entspannung in der Corona-Krise, die die Unternehmen nun wieder weniger pessimistisch in die nähere Zukunft blicken lässt." Mit dem umfassenden Corona-Schutzschirm und dem Konjunkturpaket des Staates sowie den Erfolgen bei der Zurückdrängung der Virus-Infektionen sei Deutschland zwar auf einem guten Weg. "Der Weg aus dem Corona-Tal ist aber noch lang. Er wird nur dann ohne Zwischenfälle verlaufen, wenn die weiter notwendigen Hygieneauflagen eingehalten werden. Um ihn erfolgreich zu Ende zu gehen, ist neues Vertrauen in die Zukunft der Schlüssel."
Quelle: KfW (ots)