Nokia-Subventionen im Vergleich zur Gesamtfördersumme gering
Archivmeldung vom 16.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmittie Subventionen des vor der Schließung stehenden Nokia-Standortes in Bochum in Höhe von fast 90 Millionen Euro sind nach Informationen der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ), Donnerstagausgabe, im Vergleich zur bundesweiten Gesamtfördermenge gering.
Nach einer Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gingen die Finanzhilfen des Bundes zwischen 2000 und 2004 zwar zurück von 39,6 Milliarden Euro auf 33,7 Milliarden. 2005 aber stellte das Institut bereits wieder einen Anstieg fest. 2006 waren die bundesweiten Geldspritzen sogar bei insgesamt 38 Milliarden Euro angekommen. Die Summe für das vergangene Jahr steht zwar noch nicht fest. Das IfW geht aber davon aus, dass die Finanzhilfen des Bundes 2007 höher ausfielen als 2006.
Arbeitsmarktexperte Hilmar Schneider im "ZDF-Mittagsmagazin": "Diskussion um Nokia-Subventionen verlogen"
Der Arbeitsmarktexperte Dr. Hilmar Schneider hat die Diskussion um Subventionen beim Handy-Hersteller Nokia als zum Teil "verlogen" bewertet. "Es ist mit Subventionen genauso wie mit Geschenken im Privatleben. Sie können zwar erwarten, dass der Beschenkte ihnen dankbar ist, aber sie können es nicht verlangen." So sei das auch bei Nokia. "Obwohl es Bindungsfristen gab, sind diese inzwischen abgelaufen und die Regierung hat keine Handhabe, um Forderungen zu stellen", sagte der Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut zur Zukunft der Arbeit in Bonn im "ZDF-Mittagsmagazin", am Mittwoch, 16. Januar 2008.
Man könne zwar versuchen, lange Bindungsfristen an die Subventionen zu knüpfen, aber damit mache man sie unattraktiv. "Es ist ein Stückweit auch eine verlogene Diskussion. Wenn man das Problem beseitigen will, müsste man sagen, 'dann gibt's eben gar keine Subventionen'." Das sei aber unrealistisch, denn teilweise werde die Politik dazu auch aus Gründen der Standortpolitik für ihr Land gezwungen. "Die Politik ist da ein Stückweit auch getrieben."
Die Lohnkosten in Rumänien sind laut Schneider für den Wechsel wenig ausschlaggebend: "Die sind bei weniger als fünf Prozent." Das Qualifikationsniveau sei wohl auch nicht höher als das in Bochum. Das Management habe vage von höherer Flexibilität und einem geeigneten Umfeld gesprochen. All das lasse sich in harten Fakten jedoch sehr schwer untermauern. "Das unterstreicht in der Tat den Verdacht, dass es hier auch um das Einstreichen von Subventionen geht", sagte Schneider.
Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erhalten, sei es ganz wichtig "dass wir Deutschland als Standort für Hochtechnologie fördern mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln." Das könne man mit Subventionen tun, besser sei es aber in Bildung zu investieren. "Wir müssen uns davon verabschieden, als Industriestandort eine Rolle zu spielen. Das ist schon lange vorbei." Heute seien nur noch 25 Prozent der Beschäftigten in der Industrieproduktion tätig. "Wir können in Deutschland nur langfristig wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir Wissen und Know-how haben, das anderen so nicht zur Verfügung steht. Das kriegt man nur, wenn man in Bildung investiert", resümierte Schneider.
Quelle:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung / ZDF