Magazin: Autoindustrie verhinderte ehrgeizigeres Förderprogramm für Elektroautos
Archivmeldung vom 07.09.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLobbyisten der Autoindustrie haben großen Einfluss auf die Ausgestaltung der Kaufprämie für Elektroautos genommen. Wie das Hamburger Magazin stern in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe berichtet, geht dies aus internen Akten von Wirtschafts- und Umweltministerium hervor. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wie auch die Gewerkschaft IG Metall wehrten sich demnach erfolgreich gegen ein deutlich ehrgeizigeres Förderprogramm für Elektroautos, auf das sich Fachleute der beiden Ministerien im September 2015 geeinigt hatten.
Die Kaufprämie hätte nach diesem Modell anders als heute bis zu 5000 Euro betragen. Finanziert werden sollte sie nicht durch Steuergeld, sondern durch eine Bonus-Malus-Regelung. So wäre für Käufer von neuen Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotoren eine nach Emission gestaffelte Abgabe zwischen 50 und 1000 Euro fällig geworden. VDA und IG Metall betrachteten dies laut einem Vermerk aus dem Umweltministerium als "Stigmatisierung größerer Fahrzeuge". In Unterlagen des Wirtschaftsministeriums hieß es, dass VDA und IG Metall auch "vehement" ein weiteres Element des ursprünglichen Programms ablehnten. Hier sollte den Herstellern eine verbindliche Quote von Elektroautos an allen Neuzulassungen auferlegt werden.
Die Ministerien hatten laut der dem stern vorliegenden Akten frühzeitig VDA-Vertreter in die Planspiele eingeweiht. Bei einem Treffen mit Staatssekretären des Wirtschafts- und des Verkehrsministeriums im September 2015 wandte sich dann VDA-Chef Matthias Wissmann eindeutig gegen die damaligen Pläne.
Seit Anfang Juli zahlen Bundesregierung und Autohersteller den Käufern neuer Elektroautos hälftig eine Prämie von 4000 Euro. Im Vorfeld hatte nach den dem stern vorliegenden Unterlagen ein Experte im Umweltministerium gewarnt, dass angesichts der hohen Preisdifferenzen zwischen traditionellen und Elektroautos selbst bei einem Betrag von 5000 Euro pro Käufer immer noch "die Gefahr" bestehe, dass der Anreiz zu schwach sei. Tatsächlich beantragten in den ersten beiden Monaten lediglich 3027 E-Auto-Käufer die Prämie.
Quelle: Gruner+Jahr, STERN (ots)