Erwerbsmigration im Jahr 2022 stark gestiegen
Archivmeldung vom 27.04.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithEnde 2022 waren in Deutschland rund 351 000 Personen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) mit einem befristeten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit im Ausländerzentralregister (AZR) erfasst. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist die Zahl der Erwerbsmigrantinnen und Erwerbsmigranten, die aus Nicht-EU-Staaten zum Arbeiten nach Deutschland gekommen sind, seit 2010 (damals 85 000 Personen) stetig gestiegen. Nachdem in den stark von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 ein vergleichsweise geringes Wachstum gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zu verzeichnen war (2021: +21 000 Personen oder +8 %; 2020: +16 000 Personen oder +6 %), stieg die Zahl der Erwerbsmigrantinnen und -migranten 2022 um 56 000 Personen oder 19 %. Einer der Gründe für den starken Anstieg dürften Nachholeffekte durch den Wegfall vieler coronabedingter Einschränkungen im Jahr 2022 gewesen sein.
Die zum Jahresende 2022 registrierten Personen mit einem Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit waren mehrheitlich männlich (236 000 Personen oder 67 %) und zwischen 25 und 35 Jahren alt (196 000 Personen oder 56 %).
89 000 Akademikerinnen und Akademiker mit einer Blauen Karte EU
Akademische Fachkräfte stehen seit geraumer Zeit im Fokus der deutschen und europäischen Arbeitsmarkt- und Migrationspolitik. Bereits im Jahr 2012 wurde die sogenannte Blue Card beziehungsweise Blaue Karte für akademische Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten (Blaue Karte EU) eingeführt. Ende 2022 verfügten 89 000 Personen in Deutschland über eine Blaue Karte EU. Das waren mehr als ein Viertel aller Erwerbsmigrantinnen und -migranten und 20 000 Personen oder 28 % mehr als ein Jahr zuvor. Die Blaue Karte EU war damit der häufigste Aufenthaltstitel im Bereich der befristeten Erwerbsmigration. Mit Abstand die meisten Inhaberinnen und Inhaber kamen aus Indien (26 000), gefolgt von Personen mit türkischer (5 900) und russischer (5 500) Staatsangehörigkeit; rund 71 % der Personen waren Männer. Voraussetzung für die Erteilung der Blauen Karte EU ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie ein konkretes, der Qualifikation angemessenes Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt. Für Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU gelten Erleichterungen beim Familiennachzug und die Möglichkeit zur schnelleren Erteilung einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis.
Für Akademikerinnen und Akademiker aus Staaten außerhalb der EU gibt es neben der Blauen Karte EU noch weitere Aufenthaltstitel zur Erwerbmigration, zum Beispiel eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Ende 2022 verfügten 40 000 Personen über eine solche Aufenthaltserlaubnis (+12 000 Personen bzw. +41 % im Vergleich zum Vorjahr). Voraussetzung ist unter anderem ein konkretes Arbeitsplatzangebot; anders als bei der Blauen Karte EU gilt hierfür keine Mindestgehaltsgrenze. Zudem gibt es breitere Beschäftigungsmöglichkeiten, da nicht nur eine Beschäftigung im der eigenen Qualifikation entsprechenden Beruf, sondern auch in verwandten Berufen möglich ist.
Zahl der Fachkräfte mit Berufsausbildung um 44 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen
Seit 1. März 2020 erleichtert das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch Fachkräften mit Berufsausbildung aus Nicht-EU-Staaten die Einreise und den Aufenthalt für die Ausübung einer Beschäftigung. 41 000 Personen verfügten Ende 2022 über eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein deutliches Plus von 13 000 Personen oder 44 %. Im Gegensatz zur Gruppe der Erwerbsmigrantinnen und -migranten insgesamt überwog bei den Fachkräften mit Berufsausbildung der Frauenanteil mit 58 %. Die häufigste Staatsangehörigkeit unter den Fachkräften mit Berufsausbildung war die bosnisch-herzegowinische (6 400), gefolgt von der philippinischen (5 000).
Hohe Nachfrage nach Arbeitskräften aus Westbalkan-Staaten
Auf Grundlage der sogenannten "Westbalkanregelung" hielten sich Ende 2022 rund 62 000 Nicht-EU-Staatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaubnis für Erwerbszwecke in Deutschland auf. Das waren 16 000 oder 35 % mehr als noch im Vorjahr. 88 % dieser Personen waren männlich, mit 27 % bildeten Staatsangehörige des Kosovo die größte Gruppe (17 000). Die Westbalkanregelung eröffnet Arbeitskräften aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien seit 2016 unter bestimmten Voraussetzungen wie dem Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebotes, aber unabhängig von der Qualifikation als Fachkraft einen befristeten Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland. Die Regelung war zunächst bis Ende 2020 befristet, wurde aber aufgrund hoher Nachfrage der Arbeitgeber in Deutschland bis Ende 2023 verlängert.
Zusätzlich 103 000 unbefristete Niederlassungserlaubnisse aus dem Bereich der Erwerbsmigration
Unter bestimmten Voraussetzungen können insbesondere Fachkräfte, Inhaberinnen und Inhaber der Blauen Karte EU sowie Selbstständige vereinfachten Zugang zu einer Niederlassungserlaubnis erhalten. Diese ermöglicht den unbefristeten Aufenthalt in Deutschland. Beispielsweise können Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU bei ausreichenden Sprachkenntnissen bereits nach 21 Monaten ein unbefristetes Aufenthaltsrecht bekommen. In der Regel ist für die Erteilung einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis eine Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren vorgesehen. Ende 2022 hatten 103 000 Personen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis aus dem Bereich der Erwerbsmigration (Ende 2021: 86 000). Knapp zwei Drittel (67 000 bzw. 65 %) davon waren ehemalige Inhaberinnen und Inhaber der Blauen Karte EU.
Ergänzende Informationen: Erwerbsmigration aus der Ukraine
Ukrainerinnen und Ukrainer machten Ende 2022 einen Anteil von gut 2 % an den Personen mit einem befristeten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit aus. Ende 2021 hatte der Anteil bei knapp 3 % gelegen. Die meisten der rund 1,16 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die Ende 2022 in Deutschland lebten, haben vorübergehenden Schutz und damit einen humanitären Aufenthaltstitel erhalten (siehe dazu Pressemitteilung Nr. 125 vom 30. März 2023), darunter waren 762 000 Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren. Diese verfügten in der Regel über eine Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit. Wie viele dieser Personen erwerbstätig sind oder über eine Qualifikation als Fachkraft verfügen, lässt sich aus dem AZR nicht auswerten.
Methodische Hinweise:
Als Erwerbsmigrantinnen und Erwerbsmigranten zählen Ausländerinnen und Ausländer aus Nicht-EU-Staaten, die im AZR mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach §§ 18 bis 21 des Aufenthaltsgesetzes registriert sind. Diese Gruppe bildet nicht alle ausländischen Erwerbspersonen in Deutschland ab, da auch für Ausländerinnen und Ausländer aus EU-Mitgliedstaaten generell und für Personen aus Drittstaaten mit anderen Aufenthaltstiteln zumeist Zugang zum Arbeitsmarkt besteht. Die verwendete Definition der Erwerbsmigrantinnen und Erwerbsmigranten weicht leicht von der Definition ab, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in der Veröffentlichung "Monitoring zur Bildungs- und Erwerbsmigration" verwendet. Zum Stand 31. Dezember 2021 lag die Abweichung bei knapp 1 700 Personen.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen zur ausländischen Bevölkerung aus unterschiedlichen Quellen. Hierbei kommt es zu Abweichungen zwischen den Ausländerzahlen nach der Bevölkerungsfortschreibung und jenen nach dem AZR. Weitere Informationen bietet der Qualitätsbericht Ausländerstatistik im Kapitel 7.1 "Statistikübergreifende Kohärenz".
Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)