RWE stellt Renaissance der Kernkraft infrage
Der Vorstandsvorsitzende des Energieriesen RWE, Markus Krebber, hält einen Wiedereinstieg in die Kernkraft in Deutschland auch nach einem möglichen Regierungswechsel für unwahrscheinlich. "Wenn ich Kosten und Nutzen gegenüberstelle, muss ich sagen: Renaissance der Kernkraft? Großes Fragezeichen", sagte Krebber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Selbst wenn die Union offen mit einer Reaktivierung abgeschalteter
Atomkraftwerke liebäugelt, sei er "skeptisch, dass es gelingt,
Kernkraftwerke wettbewerbsfähig zu betreiben".
Das sei "kein
Sicherheitsthema, sondern ein ökonomisches". Viele Neubauinvestitionen
liefen aus dem Ruder, die Stromentstehungskosten seien dann höher als
heute. Technologisch sei es zwar möglich, die zuletzt stillgelegten
Kernkraftwerke in Deutschland wieder anzufahren, "aber weil der Rückbau
kontinuierlich fortschreitet, gleicht das fast einem Neubau". Er äußerte
auch Zweifel, ob es dafür gesellschaftlichen Rückhalt gebe.
Mit
Blick auf die auseinandergebrochene Ampel-Koalition in Berlin äußerte
sich Krebber besorgt. In der Klima- und Energiepolitik brauche es
"schnell wieder volle Handlungsfähigkeit". Er sprach sich dafür aus, die
Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit wieder stärker in den Blick
zu nehmen.
Vor allem hält er es für wichtig, dass die Novelle
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und das Kraftwerkssicherungsgesetz
vorankommen. Darin geht es um den Zubau von Kraftwerkskapazitäten als
Backup für die Erneuerbaren Energien - also um Dunkelflauten zu
überbrücken, in denen kein Wind weht und keine Sonne scheint. "Da muss
dringend etwas passieren, denn wir haben immer wieder Engpässe, wie man
kürzlich an den Strompreisen gesehen hat: In wind- und sonnenarmen
Stunden stieg der Börsenpreis auf 800 Euro je Megawattstunde", sagte
Krebber der FAZ.
Zu den energiepolitischen Vorstellungen der
Union sagte der RWE-Chef, dass das jüngste Papier der Partei keine
grundsätzliche Kursänderung enthalte, er es aber "richtig" finde, dass
es die Kosteneffizienz in den Vordergrund stelle. Deutschland verheddere
sich in der Energiewende in Überregulierung. Abspecken könne man etwa
bei den strengen Vorgaben zur Definition von grünem Wasserstoff, von
grünen Batterien oder der Zwangsumstellung der Energieträger bei neuen
Gaskraftwerken auf grünen Wasserstoff.
Krebber lobte das
CO2-Handelssystem der EU als effizienten Weg zu mehr
Klimafreundlichkeit, merkte aber an, dass über das Handelssystem
hinausgehende Detailregulierungen keine "zusätzliche klimapolitische
Wirkung" hätten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur