Ifo: Städte von Coronakrise wirtschaftlich am stärksten betroffen
Archivmeldung vom 19.04.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićStädte sind von der Coronakrise wirtschaftlich am stärksten betroffen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Münchner Ifo-Instituts, die am Montag veröffentlicht wurde. Die Arbeitslosigkeit stieg demnach in den Städten deutlicher und die Geschäftslage der Unternehmen verschlechterte sich mehr als in den übrigen Regionen Deutschlands.
Beim Anstieg der Kurzarbeit trifft es den industriestarken Südwesten am härtesten. "Der soziale Konsum spielt in den Städten eine größere Rolle. Hier schlagen die Auswirkungen der Pandemie besonders ins Kontor", sagte Ifo-Experte Andreas Peichl. "Weil in Städten weniger Industrie angesiedelt ist, haben sie zudem weniger von der Erholung des Verarbeitenden Sektors in der zweiten Jahreshälfte 2020 profitiert."
Für die Studie untersuchten die Forscher vier Regionencluster, die jeweils ähnliche demografische strukturelle und infektionsbezogene Merkmale aufweisen. Am deutlichsten zeigte sich die Wirkung der Pandemie bei der Entwicklung der Arbeitslosenquote: Zwischen Januar 2020 und August 2020 stieg sie im Städtecluster um knapp 1,5 Prozentpunkte. Bei den anderen Clustern lag dieser Anstieg bei moderaten 0,3 bis 0,8 Prozentpunkten.
Die absolute Zahl der Arbeitslosenquote war in Städten mit 8,2 Prozent im August 2020 ebenfalls am höchsten (Norddeutschland: 5,9 Prozent, Süd-Westdeutschland: 4,3 Prozent, Ostdeutschland: 6,6 Prozent). Auch bei der Geschäftslage sieht man ab Frühjahr 2020 einen um etwa fünf bis zehn Prozentpunkte größeren Einbruch bei den Unternehmen im Städtecluster. Zudem ist auffällig, dass die Geschäftslage der Unternehmen im ostdeutschen Cluster seit Herbst 2020 stärker gefallen ist als in den anderen Regionen.
Die Ifo-Wissenschaftler vermuten, dass diese Entwicklung mit dem dort sehr hohen Infektionsgeschehen in der zweiten Welle zusammenhängt. Bei der Kurzarbeit weist das wirtschaftlich starke süd-westdeutsche Cluster im Durchschnitt den größten Anteil auf: rund 15 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dies hänge wohl mit der hohen Bedeutung von Industrieunternehmen in diesem Cluster zusammen, welche vom Instrument Kurzarbeit stärker Gebrauch machen, heißt es in der Studie. "Ob diese Effekte nachhaltig sind, ist derzeit schwer zu beurteilen", so Peichl. Städte könnten von Nachholeffekten nach der Krise überdurchschnittlich profitieren. "Andererseits ist es möglich, dass Homeoffice und Digitalisierung ländliche Regionen langfristig begünstigen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur