Gewerkschaft will Reiche für Jobs zahlen lassen
Archivmeldung vom 11.12.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakIG-Metall-Chef Huber hat eine Idee, wie die angeschlagene Konjunktur zu retten sein könnte. Bei Wohlhabenden wird der Vorschlag aber kaum auf Gegenliebe stoßen.
Die IG Metall schlägt eine Zwangsanleihe für Reiche in Höhe von 100 Milliarden Euro vor. So sollen die Konjunktur stabilisiert und Arbeitsplätze gesichert werden. Die Anleihe zugunsten eines "Zukunftsfonds Arbeit-Bildung-Umwelt" solle in zwei Jahresschritten von den vermögenden Haushalten erhoben und nach dem EZB-Satz verzinst werden, verlangte Huber bei der Vorstellung eines Sieben-Punkte-Plans seiner Organisation.
Der Plan sieht auch Konsumschecks und hohe Abwrackprämien für Altautos vor. Die wirtschaftliche Situation sei weit dramatischer als bislang diskutiert, sagte Gewerkschaftschef Berthold Huber. Die Abwrackprämie von 3000 Euro sei für jedes über zehn Jahre alte Auto vorgesehen. Beim Kauf eines Neuwagens müssten die Hersteller diese Prämie um weitere 1500 Euro aufstocken. Damit könne eine zusätzliche Nachfrage nach 750.000 Autos im Wert von 13,5 Milliarden Euro generiert werden, rechnete Huber vor.
Die Konsumschecks von 250 Euro will die Gewerkschaft an alle Menschen verteilen lassen, deren monatliches Einkommen 3675 Euro nicht überschreitet. Die Kosten dafür bezifferte Huber auf 17 Milliarden Euro. Die Regelsätze der Empfänger von Arbeitslosengeld II seien zudem deutlich auf 425 Euro aufzustocken.
Banken müssen Kreditklemme verhindern
In seltener Einigkeit präsentieren sich IG Metall und Metallarbeitgeber derzeit bei ihrer Kritik an den Banken. Mit ihrem Geschäftsgebaren, etwa der zögerlichen Kreditvergabe, trieben die Institute die Realwirtschaft immer tiefer in die Krise, sagte Huber. Sein Widerpart bei den Tarifverhandlungen, Metallarbeitgeber-Präsident Martin Kannegiesser, forderte die Banken auf, ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten. Notwendig sei eine neue Bereitschaft, Fehler einzugestehen. Hierzu sei auch an einigen Stellen neues Personal notwendig, sagte er in einem Interview mit dem Online-Portal "Stern.de".
Ein Teil des 500 Milliarden-Euro-Rettungsschirms für die Banken soll nach dem Willen der Gewerkschaft umgewidmet und den Betrieben der Realwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. In der Automobilindustrie sei zudem ein eigener Stabilisierungsfonds für die Zulieferer notwendig. In diesen sollten Staat und Hersteller einzahlen, um die Zulieferketten zu erhalten.
Viele Unternehmen hätten bereits Probleme, notwendige Kredite zu bekommen, bestätigte Kannegiesser "Das Misstrauen der Banken gegenüber den eigenen Kunden ist um einiges größer geworden." Zwar könne der Bankensektor kaum dazu gezwungen werden, Kredite zu vergeben. Ein "gewisser öffentlicher Druck" sei aber wichtig, um eine Kreditklemme zu verhindern.
Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben
Einig zeigen sich Gewerkschaft und Arbeitgeber auch im Streben, in der Krise möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Es müssten sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um Entlassungen zu vermeiden. Dazu zählten Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten und andere Instrumente, verlangt die IG Metall. Kleinere Unternehmen sollten von den Kurzarbeitskosten entlastet und Leiharbeiter besonders geschützt werden.
Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie würden alle verfügbaren Werkzeuge nutzen, um möglichst viele der 250.000 neu geschaffenen Arbeitsplätze in der Krise zu erhalten, sicherte Kannegiesser in einer in Berlin verbreiteten Mitteilung zu. Er betonte die im Tarifvertrag 2009 enthaltenen flexiblen Elemente, und lehnte gleichzeitig den Wunsch der Gewerkschaft nach mehr Mitbestimmung ab.