Deutsche zweifeln an Marktwirtschaft und Wohlstandsgesellschaft
Archivmeldung vom 12.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittImmer weniger Bundesbürger nehmen Deutschland als Wohlstandsgesellschaft wahr. Zudem ist die Einstellung zur sozialen Marktwirtschaft im Verlauf der Finanzkrise deutlich negativer geworden, wie eine repräsentative Umfrage des Bankenverbandes ergibt, deren Ergebnisse dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe) vorliegen.
Danach sehen nur noch 50 Prozent der Befragten Deutschland als Wohlstandsgesellschaft - im Jahr 2000 lag der Anteil noch bei 73 Prozent. Ebenfalls nur noch jeder zweite Deutsche ist der Auffassung, dass sich die soziale Marktwirtschaft bewährt hat. Vor acht Jahren waren noch 70 Prozent dieser Meinung. Der Wunsch nach "mehr sozialer Absicherung" (60 Prozent) ist laut Umfrage stark gestiegen, jener nach "mehr Markt und Wettbewerb" (24 Prozent) gefallen.
Viele Bürger (46 Prozent) halten außerdem hohe Unternehmensgewinne für moralisch bedenklich und der Gesellschaft nicht dienlich (79 Prozent). Das Vertrauen in die Banken insgesamt hat angesichts der Krise bei 39 Prozent der Befragten stark gelitten, das Vertrauen in die eigene Bank aber nur bei acht Prozent.
"Wenn es zu so einer schwerwiegenden Krise an den globalen Finanzmärkten kommt, zieht dies auch das Vertrauen vieler Bürger gegenüber der Finanzbranche in Mitleidenschaft", sagte der geschäftsführende Vorstand des Bankenverbandes, Manfred Weber, dem "Tagesspiegel". Die Banken seien sich bewusst, dass sie - einige mehr, andere weniger - Fehler gemacht hätten und um neues Vertrauen werben müssten. Die "widersprüchlichen gesellschaftlichen Einschätzungen zu unserer Wirtschaftsordnung" zeigten, "dass Politik und Wirtschaft gemeinsam größere Anstrengungen unternehmen müssen, um die Vorzüge der sozialen Marktwirtschaft wieder stärker im Bewusstsein der Bürger zu verankern", sagte Weber.
Quelle: Der Tagesspiegel