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Ökonomen: Fremdenfeindlichkeit in Sachsen bedroht Wirtschaftsstandort

Archivmeldung vom 22.02.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Wappen Freistaat Sachsen
Wappen Freistaat Sachsen

Nach den fremdenfeindlichen Vorfällen im sächsischen Clausnitz und Bautzen warnen führende Ökonomen vor den Folgen für den Standort Ostdeutschland. "Fremdenfeindlichkeit richtet einen massiven wirtschaftlichen Schaden an und schädigt bereits heute den Wirtschaftsstandort einer ganzen Region, wie den von Sachsen. Die Wirtschaft Sachsens wird für die Fremdenfeindlichkeit mancher seiner Bewohner einen hohen wirtschaftlichen Preis zahlen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, dem "Handelsblatt".

Der DIW-Chef warnt: "Fremdenfeindlichkeit schreckt nicht nur Zuwanderer und deutsche Arbeitnehmer ab, sondern auch deutsche Unternehmen, deren Erfolg von Zuwanderern, Offenheit und Toleranz wie in kaum einer zweiten Volkswirtschaft weltweit abhängt." Er erwarte daher für Sachsen geringere Investitionen, ein schlechteres Wachstum und eine steigende Arbeitslosigkeit – "auch unter Deutschen, wenn die Politik sich nicht schneller und entschiedener der Fremdenfeindlichkeit entgegenstellt". Auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sieht in Rassismus und Ausländerfeindlichkeit eine Standortbelastung. "Schon jetzt spüren dies Universitäten und Forschungseinrichtungen bei der Gewinnung von hochqualifizierten Experten und Fachkräften", sagte Hüther dem "Handelsblatt". "Je mehr der Eindruck entsteht, dass Staat und Zivilgesellschaft in Sachsen zu schwach sind, um solche Exzesse einzudämmen, umso größer wird diese Belastung."

Hüther gab zu bedenken, dass insbesondere die Ost-Länder in den ländlichen Regionen vor einer gravierenden demografischen Auszehrung stünden. Die Alterung werde zum Investitionshemmnis, wenn nicht, etwa durch Zuwanderung, die Fachkräfteversorgung sichergestellt werde. "Der Pöbel kann so viel `Wir sind das Volk` schreien wie er will, am Ende stehen Schrumpfung, weitere De-Industrialisierung und Verarmung", betonte der IW-Chef. "Warum soll dann jemand Transfers an diese Leute zahlen? Sie sitzen am äußeren Ende des Astes, an dem sie sägen." Angst sei keine Schande, Rassismus sehr wohl, so Hüther. "Die neuen Länder, allen voran Sachsen, müssen das Problem dringend in den Griff bekommen."

Ähnlich argumentierte Oliver Holtemöller, Konjunkturchef des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Flüchtlinge seien zwar aus humanitären Gründen aufzunehmen, weniger aus eigenen wirtschaftlichen Motiven. "Aber wo auf Flüchtlinge mit Gewalt reagiert wird, werden sich auch gut qualifizierte Zuwanderer kaum niederlassen wollen und auch keine neuen Unternehmen", sagte Holtemöller dem "Handelsblatt". Und er warnte: "Fremdenfeindlichkeit wird daher die wirtschaftlichen Probleme strukturschwacher Regionen eher verschärfen."

Düster fällt in dieser Hinsicht die Prognose des Direktors des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, aus. "Sachsen ist auf dem Weg der dunkle Flecken Deutschlands zu werden", sagte Horn dem "Handelsblatt".

Die ökonomischen Aspekte seien dabei sogar nachrangig. "Aber richtig ist: Wer wird in einem Bundesland investieren, wenn dort so viel Hass gegenüber Fremdem und Neuem herrscht", fragte Horn.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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