Geschäftsmodell von Unister platzte schon vor fünf Jahren: Google untersagte Werbepraxis, mit der die Web-Portale Millionen verdienten
Archivmeldung vom 16.08.2016
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Freigeschaltet durch André OttDas Imperium des tödlich verunglückten Unister-Gründers Thomas Wagner ist bereits vor fünf Jahren in Wanken geraten. Damals untersagte Google Unister eine Werbepraxis, die bis dahin etliche Millionen Euro in die Kassen des Leipziger Web-Pioniers gespült hatte. Seitdem kämpfte Unister bei seiner teuren Expansion mit einer angespannten Finanzlage.
Das berichtet das Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 09/2016, EVT 18. August) unter Berufung auf Aussagen ehemaliger Unister-Manager und die Auswertung hunderter Seiten Schriftverkehr zwischen beiden Unternehmen. Ein Ex-Manager sagte 'Capital': "Das war der Anfang vom Ende Unisters."
Die internen Dokumente, die 'Capital' vorliegen, belegen, dass Wagners Internet-Unternehmen bis zum Jahr 2011 weitreichende Geschäfte mittels der sogenannten Google-Arbitrage gemacht hat. Unister schaltete Anzeigen bei Google, um User auf seine unzähligen Seiten wie geld.de oder auto.de zu locken. Dort fand der Nutzer allerdings nicht das, was er suchte, beispielsweise eine günstige Waschmaschine oder ein rabattiertes Zugticket.
Stattdessen wurden ihm weitere Werbebanner angezeigt, über die er sich zum eigentlichen Angebot durchklicken musste. Die unzähligen Unister-Domains leiteten die Kunden einfach weiter - und wurden damit zu lukrativen Ertragsquellen: Die Anzeigen-Erlöse von Unister bei Drittanbietern waren höher als das, was das Unternehmen selbst an Google zahlte. In Spitzenzeiten blieben "unterm Strich mehr als eine Million Euro im Monat hängen", sagte ein ehemaliger Top-Manager von Unister dem Magazin.
Nach 'Capital'-Informationen hat Google sich diese Masche jahrelang gefallen lassen, obwohl sie eklatant gegen die eigene Policy verstoßen habe. Doch am 5. April 2011 schickte ein Manager aus der Europa-Zentrale unter der Betreffzeile "Unister AdWords Policy Violations Notice" eine Mail an Wagner, in der Google detailliert die zahllosen Brüche der Geschäftsbedingungen durch Unister auflistet.
Der Suchmaschinen-Konzern habe für Unister aufgrund "besonderer Umstände" bereits eine "Ausnahme" gemacht. Eigentlich hätte Unister längst "suspendiert" werden müssen. Nach der Warnung lenkte Wagner ein und stoppte das Arbitrage-Geschäft. "Damit versiegte praktisch von heute auf morgen eine der wichtigsten Liquiditätsquellen", sagte ein Ex-Manager.
In der Folge des Konflikts mit Google begann Unister, andere Erlösquellen anzuzapfen, um die weggebrochenen Einnahmen auszugleichen. Dazu zählten auch rechtlich umstrittene Praktiken wie der Vertrieb von Zusatzprodukten, die an Reiseversicherungen erinnern, und irreführende Werbung durch fiktive "Streichpreise" auf den Unister-Reiseportalen. Diese Praktiken führten letztlich zu den Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden und der Razzia in der Unister-Zentrale im Dezember 2012.
Quelle: Capital, G+J Wirtschaftsmedien (ots)