Fünf Weise rüffeln Landesbanken
Archivmeldung vom 17.06.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakGeringe Rentabilität, kaum tragfähige Geschäftsmodelle - die Wirtschaftsweisen gehen die Landesbanken scharf an und fordern ihre Privatisierung. Denn in der Finanzkrise haben sie sich deutlich stärker verspekuliert als private Institute.
Der Rat der Wirtschafts-Sachverständigen empfiehlt Bund und Ländern
einen radikalen Umbau des öffentlich-rechtlichen Bankensektors. Alle
Landesbanken sollten spätestens bis 2015 privatisiert werden, fordern
die sogenannten fünf Weisen in einem Sondergutachten für die
Bundesregierung. Sie seien ein "zentraler Schwachpunkt des deutschen
Finanzsystems", heißt es in dem Gutachten, das die Ökonomen am Dienstag
Kanzlerin (CDU) übergeben.
Die
harsche Kritik dürfte die Debatte über die Zukunft des
öffentlich-rechtlichen Bankensektors befeuern. Von der weltweiten
Finanzmarktkrise sind in Deutschland insbesondere Landesbanken
betroffen. Mehrere Institute hatten sich massiv am US-Immobilienmarkt
verspekuliert.
Kein tragfähiges Geschäftsmodell
Deutsche Banken hätten infolge der Krise bisher Wertberichtigungen von 48,8 Milliarden Euro in ihre Bilanzen einstellen müssen, heißt es im Gutachten. Davon entfielen 21 Milliarden Euro oder 43,1 Prozent auf die Landesbanken - nur 29,1 Prozent auf Privatbanken, 6,8 Prozent auf genossenschaftliche Institute, 15,8 Prozent auf die IKB und 5,2 Prozent auf die bundeseigene
Die
Landesbanken "weisen häufig eine geringe Rentabilität und wenig
tragfähige Geschäftsmodelle auf", analysieren die Ökonomen. Wegen des
Wegfalls öffentlicher Garantien nach 2005 habe sich die
Mittelbeschaffung für die Landesbanken am Kapitalmarkt stark verteuert.
Die Länder als Miteigentümer würden zudem häufig einen
"standortpolitisch motivierten, aber betriebswirtschaftlich
unvorteilhaften Einfluss auf die Geschäftspolitik" nehmen.
Landesbeteiligungen
an den Instituten sollten "ganz aufgegeben oder zumindest auf einen
klaren Minderheitsanteil von weniger als 25 Prozent zurückgeführt
werden", so die Experten. Um die Rolle als Zentralinstitute der
Sparkassen zu erfüllen, seien nur noch ein oder zwei Banken nötig.
Den
Sparkassen attestieren die Ökonomen ein insgesamt tragfähiges Konzept.
Der Sachverständigenrat plädiert allerdings dafür, dass ihr
öffentlich-rechtlicher Auftrag vom Bankgeschäft abgetrennt wird. Auch
die Sparkassen sollten in AGs umgewandelt werden, deren Anteile
zunächst Stiftungen halten. Die Aktien sollten handelbar sein,
Privatinvestoren aber nur höchstens 49,9 Prozent der Anteile kaufen
können, so das Gutachten.
Privatinvestoren gesucht
Wegen der Kreditkrise bröckelt auch in den Ländern die Front der
Unterstützer des öffentlich-rechtlichen Bankensektors. So hatte Bayerns
Finanzminister Erwin Huber (CSU) sagt, dass das Land Anteile der
BayernLB an einen Privatinvestor abtreten würde, wenn dieser Garantien
übernimmt. Die Bank war tief in die roten Zahlen geraten und braucht
eine Risikoabschirmung von rund sechs Milliarden Euro.
Offiziell
setzt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) auf
Zusammenschlüsse zwischen den Landesbanken. Doch auch DSGV-Chef
Heinrich Haasis lehnt inzwischen die Öffnung für private Investoren
nicht mehr kategorisch ab. Er knüpft daran die Bedingung, dass die Bank
komplett verkauft wird, inklusive der Sparkassenanteile.
Christopher
Flowers ist bislang der einzige Privatinvestor, der bei einer deutschen
Landesbank eingestiegen ist. Der US-Investor beteiligte sich mit 27
Prozent an der HSH Nordbank. Die Investition brachte ihm aber viel
Ärger ein: Ein für 2008 geplanter Börsengang wurde wegen der
Kreditkrise bis auf Weiteres abgeblasen. Stattdessen musste Flowers
rund 600 Millionen Euro Kapital nachschießen.