Ermittlungen gegen Lotto-Team
Archivmeldung vom 20.08.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Oliver RandakNach der Häufung von Fällen illegal gehandelter Kundendaten diskutieren Politiker über die Verschärfung strafrechtlicher Konsequenzen. Zehn bis 20 Millionen Kontodaten sollen in Umlauf sein, fürchten Verbraucherschützer. Gegen das Glücksspielunternehmen Lotto-Team wird bereits wegen Betrugsverdachts ermittelt
Im Skandal um illegal gehandelte Kundendaten wird gegen das
Glücksspielunternehmen Lotto-Team wegen Betrugsverdachts ermittelt. Die
Staatsanwaltschaft Köln bestätigte einen entsprechenden Bericht der
"Süddeutschen Zeitung". Über Verbraucherzentralen gingen gegen
Lotto-Team zahlreiche Beschwerden ein, unter anderem wegen der
Abbuchung von Geldbeträgen ohne Einwilligung der Kontoinhaber. Das
Unternehmen hatte bestritten, dass Abbuchungen in betrügerischer
Absicht vorgenommen wurden und selbst gegen mehrere Call Center Anzeige
erstattet.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, die Ermittlungen seien
vergangene Woche aufgenommen worden. Auch die Call Center seien im
Visier. Zu Details machte er keine Angaben. Die Call Center werben im
Auftrag von Lotto-Team telefonisch Kunden, verkaufen ihnen
Lottoverträge und leiten Kontonummern an das Kölner Unternehmen weiter,
das dann das Geld einzieht.
Adressen der gesamten bundesdeutschen Bevölkerung im Umlauf
Das Unternehmen hatte angekündigt, dass betrogene Kunden ihr Geld
zurückerhalten sollen. Nach der Häufung von Fällen illegal gehandelter
Kunden- und Kontodaten warnen Datenschützer vor allem vor einem
Missbrauch seitens zahlreicher Call Center für dubiose
Geschäftspraktiken. Wegen versuchten Betrugs und Verstoßes gegen das
Datenschutzgesetz wird auch gegen eine Firma aus Viersen am Niederrhein
ermittelt.
Nach Einschätzung von Datenschützern sind die Adressen "der gesamten
bundesdeutschen Bevölkerung" zu Marketingzwecken im Umlauf. Illegal
würden "etwa zehn bis zwanzig Millionen Kontodaten" genutzt, sagte der
Kieler Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert der "Süddeutschen
Zeitung". Die Behörden stünden bei der Aufdeckung des Datenskandals
erst am Anfang.
Beck: Überprüfung strafrechtlicher Konsequenzen
Unterdessen geht die politische Debatte weiter: SPD-Chef Kurt Beck
bezeichnete den gegenwärtigen Zustand als nicht hinnehmbar und
verlangte eine gründliche Überprüfung aller geltenden Regelungen. Neben
dem Datenschutz müssten auch strafrechtliche Bestimmungen überprüft
werden, zudem müsse es bessere Transparenzregeln geben. "Wenn jemand
eine Zeitschrift bestellt, muss klar sein, ob der Kunde damit
einverstanden ist, wenn seine Daten weitergegeben werden."
SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz erklärte, Datenklau sei auf die
Privatwirtschaft beschränkt: "Der Staat ist sauber, Teile der
Privatwirtschaft leider überhaupt nicht", erklärte er im Interview mit
der "Passauer Neuen Presse". Der Stellenwert des Datenschutzes müsse
"deutlich" erhöht werden, fügte er hinzu - wenn nötig, werde es auch
gesetzliche Regelungen geben: "Wir brauchen ein Internet-Grundrecht,
und dazu sollte auch der Datenschutz gehören." Allerdings seien auch
die Verbraucher selbst gefordert, denn es gebe "schon eine
erschreckende Sorglosigkeit im Umgang mit sensiblen Daten".
"Strengste Gesetze der Welt"
Der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes Bitkom, Bernhard
Rohleder, sieht die Ursache von Datenklau indes nicht in fehlenden
Gesetzen. "Was den Verbraucherschutz und den Schutz von Kundendaten
angeht, haben wir in Deutschland mit die strengsten Regeln der Welt",
sagte er der "Berliner Zeitung": "Das Instrumentarium ist also
vorhanden, gleichwohl sind Verstöße immer möglich."
Die aktuelle Diskussion um Daten- und Verbraucherschutz war mit der
Weitergabe von 17.000 Datensätzen, teils mit Kontodaten von
Verbrauchern, an die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in Rollen
gekommen. Inzwischen tauchten immer mehr umfangreiche Datensammlungen
auf. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen vor allem
Call-Center-Betreiber. Auch die Deutsche Telekom war aber offenbar von
Datenklau betroffen.