Auto-Ökonom: Strompreisexplosion könnte Elektromobilität zum Scheitern bringen
Archivmeldung vom 02.09.2022
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.09.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićAuto-Ökonom Stefan Bratzel warnt vor einem Scheitern der Verkehrswende durch die rasant gestiegenen Strompreise: "Die Strompreisexplosion könnte zu einer akuten Gefahr für die Verkehrswende werden, da müssen wir verdammt aufpassen", sagte der Gründer des Center for Automotiv Management (CAM) im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
"Der Hochlauf der Elektromobilität droht zu scheitern, wenn der Stromer im Verbrauch teurer wird als Benziner oder Diesel, weil sich dann kaum noch jemand ein Elektroauto kaufen würde." Damit geriete der Umstieg in Richtung klimaschonender Verkehr ins Wanken, das müsse "unbedingt" verhindert werden, sagte der Verkehrsexperte.
Bratzel rief die Bundesregierung zum raschen Eingreifen auf: "Es braucht ein regulatives Korsett, das die Strompreise unter den Spritpreisen hält, sodass man im direkten Vergleich mit einem Elektroauto auf 100 Kilometern billiger unterwegs ist als mit einem Benziner oder Diesel", sagte der CAM-Gründer der "NOZ". "Es braucht diesen Preisabstand, um die Autofahrer für den Wechsel zu gewinnen und die Industrie nicht komplett zu verunsichern." Die von Brüssel bereits angekündigte Strommarktregulierung, die von der Ampelregierung unterstützt wird, komme womöglich zu spät: "Falls eine entsprechende Energiemarktreform zu lange dauern würde, sollte über Sofortmaßnahmen nachgedacht werden. Denn der Markthochlauf muss funktionieren, das ist absolut zentral", sagte der Fachmann.
Eine Bedrohung für die Verkehrswende sieht Bratzel auch in der Rekordinflation. Bei schlechter Konjunktur würden größere Anschaffungen auf die lange Bank geschoben. "Auch das könnte den Markthochlauf verzögern, dazu führen, dass die Autofahrer länger mit ihren Diesel oder Benzinern unterwegs sein werden", so die Befürchtung des Fachmanns. "Wichtig ist, dass sie sich keine neuen Verbrenner kaufen. Auch da ist die Politik gefragt, die Nutzung der E-Mobilität praxistauglicher zu gestalten, also die Ladeinfrastruktur auszubauen."
Zudem müsse die Kfz-Steuer für Diesel und Benziner langfristig angehoben werden, und das sollte die Regierung klar kommunizieren, damit die Menschen auch ohne neue E-Auto-Prämien umsteigen. "Auch bei der Anschaffung werden E-Autos erschwinglicher, während Benziner teurer werden, wenn für sie in zweieinhalb Jahren schärfere EU-Vorgaben in Kraft treten", sagte Bratzel der "NOZ". An substanziellen CO2-Reduktionen im Verkehrsbereich führe kein Weg vorbei. "Und deswegen muss der Markthochlauf bei den Elektrischen noch beschleunigt werden, damit wir die Klimaschutzziele erreichen. Ich sehe dazu keine Alternative."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)