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Bundesbankpräsident fordert weniger Kündigungsschutz

Archivmeldung vom 30.09.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.09.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Dr. Jens Weidmann Bild: Deutsche Bundesbank
Dr. Jens Weidmann Bild: Deutsche Bundesbank

Bundesbankpräsident Jens Weidmann spricht sich für weniger Kündigungsschutz bei gleichzeitig besserer Absicherung aus. Es komme auf das Gesamtpaket an, sagte Weidmann im Gespräch mit der "Welt am Sonntag": "Ein geringerer Kündigungsschutz müsste mit einer besseren Absicherung im Fall des Arbeitsplatzverlusts einhergehen", sagte Weidmann. "Es geht darum, das Wirtschaftsleben einfacher, berechenbarer und flexibler zu machen."

Zur besseren Absicherung entlassener Arbeitnehmer kommen beispielsweise Abfindungszahlungen oder ein höheres Arbeitslosengeld in Frage. Grundsätzlich sollte die nächste Bundesregierung aus Weidmanns Sicht den Arbeitsmarkt dynamischer zu machen. Zwar hätten bereits die Hartz-Reformen im Rahmen der Agenda 2010 den Auf- und Abbau von Personal erleichtert. "Die höhere Flexibilität wird aber überdurchschnittlich dem kleinen Segment der atypisch Beschäftigten abverlangt - Minijobber, Leiharbeiter oder Menschen mit Zeitverträgen", sagte Weidmann.

Weiterhin sieht der Bundesbankpräsident Mindestlöhne skeptisch, hat sich aber offenbar damit abgefunden, dass sie sich nicht mehr verhindern lassen. Wenn man einen allgemeinen Mindestlohn einführen wolle, "rate ich dringend dazu, ihn zu entpolitisieren", sagte er. Als positives Beispiel nannte er Großbritannien, wo die Untergrenze nicht vom Parlament oder von der Regierung festgelegt werde, sondern von einer unabhängigen Kommission.

Sowohl die SPD als auch die Grünen haben sich im Wahlkampf für einen gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen. Das von der CDU favorisierte Modell der Branchen-Mindestlöhne sieht Weidmann allerdings noch kritischer. Damit könnten "unliebsame Wettbewerber verdrängt werden".

In der Vergangenheit hatten Arbeitgeberverbände teilweise hohe Lohnuntergrenzen festgelegt, die Konkurrenten, die neu in den Markt einstiegen, nicht zahlen konnten. Auch bestehende Hindernisse für den Eintritt in den Arbeitsmarkt stellte Weidmann in dem Interview, in dem es nicht um Geld-, sondern Wirtschaftspolitik ging, in Frage: "Insgesamt sollten wir die Anreize zu arbeiten eher erhöhen, um dem alterungsbedingten Rückgang der Erwerbspersonen zu begegnen. Mögliche Ansatzpunkte sind beispielsweise die Arbeitsanreize für Geringverdiener, für Ältere und für Zweitverdiener."

Auf die Frage, ob dann auch das Ehegattensplitting oder das Betreuungsgeld in Frage gestellt werden müssten, sagte Weidmann: "Ich weiß, dass diese Themen heiße Eisen sind. Wir sollten auch nicht alles über Bord werfen, nur weil es die Arbeitsanreize verringert." Aber man müsse sich zumindest der Nebenwirkungen bewusst sein, die durch Globalisierung und demografischen Wandel immer stärker ins Gewicht fielen.

Auch höhere staatliche Investitionen, wie sie die meisten Parteien gefordert haben, sieht Weidmann skeptisch. Es könne zwar sinnvoll sein, wenn der Staat gezielt Engpässe behebe. "Das sollte aber kein Freibrief dafür sein, wieder neue Schulden zu machen. Beileibe nicht jede Investition finanziert sich durch mehr Wachstum selbst", sagte der Notenbanker.

Auch eine Finanzierung über höhere Steuern sähe er kritisch: "Steigende Abgaben hemmen tendenziell das Wachstum, und zwar umso mehr, je höher die Steuerbelastung bereits ist", sagte Weidmann. "Also muss es bei neuen Ausgabenwünschen auch darum gehen, bestehende Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen."

Der Bundesbankpräsident war bereits vor einigen Tagen mit dem Ruf nach Reformen an die Öffentlichkeit gegangen. Deutschland stehe im Vergleich zu anderen Ländern derzeit wirtschaftlich zwar gut da, sagte er der "Welt am Sonntag". "Aber gerade das verleitet leicht dazu, noch bestehende Defizite nicht anzugehen." Leider würden Reformen häufig erst dann angegangen, "wenn es nicht mehr anders geht", sagte Weidmann. "Dann sind die Kosten meist höher." Deshalb wolle er nun eine Debatte anregen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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