Soziologe Klaus Dörre: Gerade junge Beschäftigte "sind keine geduldigen Lohnabhängigen"
Archivmeldung vom 29.04.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Haltung von Beschäftigten zu Gewerkschaften hat sich nach den Worten des Soziologen Klaus Dörre stark verändert. "Wir haben in unserer Forschung gesehen, dass gerade junge Leute zwar relativ leicht dafür zu gewinnen sind, sich in Gewerkschaften zu organisieren. Sie wollen dann aber auch schnell Ergebnisse sehen. Wenn sie die nicht sehen, gehen sie halt wieder raus", sagte der Professor an der Universität Jena im Gespräch mit der Zeitung "nd.DieWoche".
Die Beschäftigten wollten ein besseres Leben hier und heute, "das sind keine geduldigen Lohnabhängigen". "Dass Beschäftigte für ihre Arbeitsplätze und das Unternehmen kämpfen und froh sind, wenn sie überhaupt einen Job haben, das ist weg. Nicht völlig, aber unter jungen Leuten sicher keine typische Einstellung mehr", so der Soziologe. Nicht zuletzt deshalb sei die Organisierung von Belegschaften sehr anspruchsvoll.
Damit die Gewerkschaften wieder stärker werden, sei es auch wichtig, "aktive Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter zu gewinnen, die überzeugt sind, dass es um mehr geht als ein bisschen Sozialtechnik", betonte Dörre. "Sondern dass es darum geht, die Gesellschaft zu demokratisieren in der Arbeitswelt, dass es um ein gutes Leben geht. Dass Gewerkschaften also eine gesellschaftliche Reformkraft sind."
Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ots)