Die EU verärgert Spediteure
Archivmeldung vom 06.08.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuf heftigen Widerstand deutscher Industrieverbände stößt das erste Großprojekt des neuen EU-Verkehrskommissars Antonio Tajani, schreibt die ZEIT. Im Juli hatte die Kommission unter Federführung des Italieners eine Erneuerung der Lkw-Maut vorgeschlagen.
Im ersten Schritt sollen beispielsweise Speditionen für die gesellschaftlichen Kosten des Lkw-Verkehrs - Lärm, Luftverschmutzung und Staus - aufkommen. Der Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Klaus Bräunig, fürchtet, dass dadurch ausgelöste Preissteigerungen "die europäische Wirtschaft in die Stagflation treiben könnten". In der wirtschaftlichen Stagnation würde also zugleich die Inflation angeheizt, so die Sorge. Eine Studie der Universität Köln im Auftrag des europäischen Automobilherstellerverbandes ACEA prognostiziert einen Zuwachs der Inflationsrate um 0,8 Prozentpunkte, sollten die Vorschläge der Kommission Realität werden.
Nach EU-Schätzungen verursacht der Güterverkehr auf der Straße schon heute Umweltkosten von 100 Milliarden Euro. Tajani will gegensteuern und den Schadstoffausstoß reduzieren - unter anderem mit Mautgebühren, die sich an den Fahrzeugemissionen orientieren. Dies soll den Druck erhöhen, Fahrzeugflotten zu modernisieren.
All dies habe nur wenig mit der Ökologisierung des Verkehrs zu tun, schimpft Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes. Er sieht in den Brüsseler Plänen "blanken Opportunismus". Während normale Autos zunächst verschont blieben, weil "sich niemand mit der Autolobby anlegen will", würde jeder Lkw im schlimmsten Fall mit bis zu 65 Cent je Autobahnkilometer zur Kasse gebeten. Selbst die fünf Cent je Kilometer, mit denen die EU im Flottenschnitt an zusätzlichen Kosten rechnet, wären Rogge zufolge viel zu viel. Schließlich hätten bereits neue Arbeitszeitregeln und die hohen Spritkosten die Kosten des Speditionsgewerbes nach oben getrieben.
VDA-Mann Bräunig sieht
durch den aktuellen Vorschlag die Transport- und damit die
Herstellungskosten der Autobranche steigen. Sollten gar Autos selbst
einer Maut unterworfen werden, fürchtet er einen Absatzrückgang der
deutschen Autoindustrie und in der Folge den Verlust von 75.000
Arbeitsplätzen. "Das alles sollten die europäischen Verkehrsminister
bei ihrem informellen Treffen Anfang September bedenken", sagt Bräunig.
Dann beraten die Politiker erstmals über die Vorschläge der
EU-Kommission.
Quelle: DIE ZEIT