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Oberlandesgericht Karlsruhe ordnet Prüfung der Bilanzen der MLP AG an

Archivmeldung vom 21.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
MLP-Firmensitz in Wiesloch Bild: MLP AG
MLP-Firmensitz in Wiesloch Bild: MLP AG

Im Rahmen des Musterverfahrens gegen die MLP AG hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem nunmehr bekannt gegebenen Beschluss die sachverständige Prüfung der Bilanzierungspraxis in den Jahren 1999, 2000, 2001 und 2002 angeordnet.

Die Kanzlei Rotter Rechtsanwälte führt seit 2007 zahlreiche Schadenersatzprozesse für ehemalige Mitarbeiter und Kunden mit einem Schadensvolumen von derzeit insgesamt 34,7 Mio. EUR gegen die MLP AG und ihren früheren Vorstandsvorsitzenden Dr. Bernhard Termühlen, welcher zwischenzeitlich Aufsichtsratsvorsitzender des Finanzdienstleisters Mayflower Capital AG ist. Das Landgericht Heidelberg hatte mit Vorlagebeschluss vom 30. Dezember 2008 ein Musterverfahren nach dem Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz eingeleitet. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte am 23. Februar 2009 den Musterkläger ausgewählt, der von Rotter Rechtsanwälte vertreten wird.

Gegenstand des Verfahrens ist die Bilanzierungspraxis der MLP AG in den Jahren 1999 bis 2002. Nach Ansicht der Kläger haben die MLP AG und Dr. Bernhard Termühlen vorsätzlich die Bilanzen manipuliert, um dem Anlagepublikum in den Jahren 1999 bis 2002 ein Gewinnwachstum von jährlich 30 % vorspiegeln zu können. Lediglich durch die gesetzwidrige Unterlassung der Bildung von Rückstellungen für Einstandspflichten aus Factoringgeschäften der damaligen Konzerntochter MLP Finanzdienstleistungen AG konnte dem Anlagepublikum ein Gewinnwachstum von 30 % vorgetäuscht werden. Dadurch entstand nach Ansicht der Kläger ein "Rückstellungsstau", der mit der Bildung von periodenfremden Rückstellungen in Höhe von 120,1 Mio. EUR im Jahresabschluss 2002 zur Bilanzbereinigung aufgelöst wurde. Dem entsprechend konnte die MLP AG für das Geschäftsjahr 2002 kein Gewinnwachstum mehr ausweisen. Vielmehr konnte sie ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von nur minus EUR 36, 6 Mio erreichen. Die Bewertung des Unternehmens am Kapitalmarkt brach in Folge des Bekanntwerdens massiv ein.

Der langfristige Chart der MLP-Aktie zeigt nach Ansicht der Kläger sehr anschaulich, dass die Bewertung des Unternehmens am Kapitalmarkt in den Jahren 1998 bis 2002 dieser vorgeworfenen Manipulation geschuldet war. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hatte seinerzeit gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden Termühlen Anklage wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung erhoben und nur durch die Begleichung einer vom Strafgericht angeordneten Geldauflage konnte ein öffentlicher Strafprozess vermieden werden.

Mit dem am 22. Juni 2010 erlassenen und jetzt bekannt gegebenen Beschluss ordnet das Oberlandesgericht Karlsruhe die Prüfung der genannten Fragen durch einen Sachverständigen an. "Wir begrüßen diesen Beschluss ausdrücklich" so Klaus Rotter, "zumal jetzt endlich obergerichtlich und ggf. höchstrichterlich die aufgeworfenen Fragen der Bilanzmanipulationen durch die MLP AG und Dr. Bernhard Termühlen geklärt werden können."

Bereits zuvor hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe in der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2010 der MLP AG die beträchtlichen Risiken des Prozesses vor Augen geführt und ihr eine vergleichsweise Lösung nahe gelegt. Die Aussagen des erkennenden Gerichts zu den Erfolgsaussichten der Klagen widerlegen auch deutlich die Einschätzung der Erfolgsaussichten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Schröder-Wildberg, der im Geschäftsbericht 2009 vollmundig verkündet, dass die Klagen keine Aussicht auf Erfolg haben. So hält es die MLP AG ungeachtet des tatsächlich bestehenden Prozessrisikos für nicht erforderlich, für diese Risiken Rückstellungen zu bilden.

Für Rotter Rechtsanwälte stellt auch dies einen erneuten Verstoß gegen die geltenden Rechnungslegungsvorschriften dar, wodurch sich die MLP AG erneut schadenersatzpflichtig gegenüber den Aktionären machen könnte. Denn Investoren, die während der Dauer des Schadenersatzprozesses Aktien erwerben, hätten diese zu teuer erworben, wenn es zu einer Verurteilung käme und dadurch der Kurs der MLP Aktie einbrechen würde. Von einer Kurserheblichkeit ist auszugehen, zumal der Jahresgewinn 2009 der MLP AG bei 24 Mio. EUR lag und allein die Schadenersatzforderung, die Rotter Rechtsanwälte vertritt, sich inklusive Zinsen auf zwischenzeitlich 34,7 Mio. EUR beläuft. Das gesamte Schadenersatzvolumen dürfte noch deutlich höher liegen, da sich noch weitere Kläger an dem Verfahren beteiligen.

Quelle: Rechtsanwalt Klaus Rotter

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