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Zeitung: Schlecker-Angestellte erhalten 80 Prozent ihres letzten Nettolohns

Archivmeldung vom 22.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo der Drogeriekette Anton Schlecker
Logo der Drogeriekette Anton Schlecker

Die von Kündigung bedrohten 11.200 Mitarbeiter der insolventen Drogeriemarkt-Kette Schlecker sollen nach Informationen der Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Freitagausgaben) 80 Prozent ihres letzten Nettolohns erhalten, wenn sie in die extra zu gründenden Transfergesellschaften wechseln. Wie die Zeitungen aus Betriebsratskreisen erfuhren, werde die reguläre Verweildauer in den Auffanggesellschaften sechs Monate betragen. Für schwer zu vermittelnde Ex-Schlecker-Mitarbeiter könne sich der Aufenthalt noch verlängern.

Wenn es den Gesellschaften gelinge, einen Großteil der Mitarbeiter kurzfristig in neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln, sei noch Geld übrig, um Härtefälle länger zu betreuen. Gestern hatten insgesamt 99 Info-Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet stattgefunden, auf denen die Schlecker-Mitarbeiter über die Transfergesellschaften in Kenntnis gesetzt wurden. Sie haben nun drei Tage Zeit zu entscheiden, ob sie in die Gesellschaft wechseln oder aber die Kündigung zum 29. März akzeptieren.

IW-Chef Hüther gegen Auffanggesellschaft für entlassene Schlecker-Mitarbeiter

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, lehnt ein staatliches Eingreifen bei Schlecker ab: Eine Auffanggesellschaft für mehr als 10.0000 Beschäftigte der insolventen Drogeriekette sei angesichts der Arbeitsmarktdynamik gar nicht zu begründen. "Unser Sozialsystem bietet über das Arbeitslosengeld I eine hinreichende Abfederung", sagte Hüther "Handelsblatt-Online". "Schlimm ist es, wenn durch einen solchen Schirm die Illusion der dauerhaften Beschäftigung durch die Realität der dauerhaften Transferabhängigkeit erkauft wird", warnte der IW-Chef. "Und was sollen kleine Einzelhändler in starkem Wettbewerb stehend davon halten, wenn Große so abgefedert werden?" Es sei immer derselbe "politische Reflex", sagte Hüther weiter. "Kaum kommt ein großes, bundesweit agierendes Unternehmen in eine schwierige Lage, dann wird mit großer Geste Hilfe gefordert und meistens auch gewährt." Da werde auf systemische Effekte verwiesen und darauf, dass ja auch für Finanzinstitute Rettungsschirme eingerichtet worden seien. "Während die Hilfe im Falle einer Finanzsystemkrise wie 2008 aber schlicht der Logik folgt, auf elementare Weise die Stabilität des ganzen Wirtschaftssystems zu gewährleisten, geht es bei Schlecker um einen ganz normalen Vorgang, so hart im Einzelfall das Schicksal auch sein mag", sagte Hüther. Unternehmerisches Versagen wie bei Schlecker gehöre zur marktwirtschaftlichen Ordnung. "Die einzig akzeptable Form der Enteignung ist die über den Wettbewerb", betonte der IW-Chef. "Nur dann ist sichergestellt, dass mit dem verfügbaren Kapital verantwortlich umgegangen wird."

Politiker von CDU und FDP lehnen staatliche Hilfe für Schlecker strikt ab

In den Koalitionsfraktionen regt sich massiver Widerstand gegen die Pläne einzelner Bundesländer, einen Kredit, der über die staatliche Förderbank KfW an die insolvente Drogeriekette Schlecker fließen soll, über Bürgschaften abzusichern. "Ein staatliches Eingreifen bei Schlecker ist absolut schädlich, weil es das Vertrauen in unsere marktwirtschaftliche Ordnung zerstört", sagte FDP-Fraktionsvize Martin Lindner "Handelsblatt-Online". "Wir hatten im letzten Jahr über 30.000 Firmeninsolvenzen, da kam auch kein Schmalspur-Populist wie der baden-württembergische Wirtschaftsminister Schmid." Wenn ein Unternehmen wie Schlecker ein schlechtes Konzept habe, dann scheitere es. "Darauf jetzt mit einer staatlich finanzierten Auffanggesellschaft zu reagieren, ist keinem Bürger vermittelbar und unfair, weil bei den vielen Mitarbeitern bei kleinen und mittleren Betrieben der Staat nie hilft." Ähnlich äußerte sich Lindners Parteifreund, Fraktionsvize Volker Wissing: "Die Bundesländer sind dabei, Arbeitslose erster und zweiter Klasse und damit ein großes Gerechtigkeitsproblem zu schaffen", sagte Wissing "Handelsblatt-Online". Während der einzelne Arbeitslose an die Bundesagentur für Arbeit verwiesen werde und Arbeitslosengeld beantragen müsse, erhielten Betroffene von spektakulären Firmenpleiten Sonderkonditionen. "Diese Sonderbehandlung ist gegenüber normalen Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Arbeit verlieren, kaum zu vertreten", betonte Wissing und fügte hinzu: "Warum wird die Schleckerfrau besser gestellt als die entlassene Lidl-Verkäuferin?" "Ich bin absolut gegen Staatshilfen für Schlecker", sagte auch der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel. Selbstverständlich müssten die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter gegebenenfalls auch mit staatlichen Mitteln umgeschult und weitergebildet werden. "Aber das Ziel muss hierbei die zügige und dauerhafte Integration in den ersten Arbeitsmarkt sein", sagte das Mitglied im Bundestags-Finanzausschuss.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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