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Experten sehen EZB als Gefangene des Finanzsektors

Archivmeldung vom 13.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Linda Karlsson  / pixelio.de
Bild: Linda Karlsson / pixelio.de

Der Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber und der belgische Europaabgeordnete Derk-Jan Eppink äußern in einem Gastbeitrag für "Handelsblatt-Online" scharfe Kritik an den großzügigen Liquiditätshilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Finanzsektor. Die EZB habe mit ihren neuerlichen Geldspritzen endgültig ihr geldpolitisches Mandat aufgegeben und sei stattdessen "zum fiskalpolitischen Scharnier zwischen Finanznotstandsstaaten und ihren Banken geworden", schreiben Kerber und Eppink. "Dies wird die Marktspannungen und Bewertungen der potenziellen und aktuellen Finanznotstandsländer nicht fundamental ändern, sondern kann nur Zeit kaufen, um ihnen die Sanierung zu gestatten." Dafür habe die EZB aber nicht nur kein Mandat.

Vielmehr sei ihr ein solches Verhalten nach den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) "eindeutig" verboten. "Dennoch ist sie zu einem Spielmacher der Wettbewerbsverzerrungen geworden." Harsche Kritik äußern Kerber und Eppink in diesem Zusammenhang an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), weil sie die "wohlfeile Rolle" der EZB bejubelt habe. "Die EZB mag der Bundeskanzlerin und anderen Politikern dabei geholfen haben, die fundamentalen Probleme der Euro-Zone sogar über einen bestimmten Wahltag hinaus verschoben zu haben. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass die EZB trotz des Überschreitens ihrer Befugnisse langsam an die Grenzen ihrer faktischen Wirksamkeit gerät", betonen Kerber und Eppink. "Damit ist nicht nur die Politik, sondern auch die Zentralbank vollständig zum Gefangenen des Finanzsektors geworden."

Wie wenig nachhaltig die von unterschiedlichen Kreisen herbeigeredete Beendigung der Krise der Euro-Zone ist, werde überdies aus den Daten sichtbar, die Spanien veröffentlicht habe, schreiben die Experten weiter. Statt das mit der Europäischen Kommission angestrebte Ziel eines Defizits von 4,4 Prozent zu erreichen, werde das laufende Defizit von Spanien 5,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmachen. Selbst in den Niederlanden werde es aufgrund der schwachen konjunkturellen Entwicklung schwierig werden, den Defizitwert von drei Prozent einzuhalten. "Dies alles zeigt: Nicht einmal die EZB, geschweige denn die Politiker können den europäischen Finanznotstand stoppen", so Kerber und Eppink. "Nur noch der Kollaps des gesamten Euro-Systems kann die anhaltende fiskalpolitische Unvernunft beenden."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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