1.400 ukrainische Ärzte warten in Deutschland auf Zulassung
Archivmeldung vom 03.08.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićSeit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 haben mindestens 1.674 geflüchtete ukrainische Ärzte einen Antrag auf Approbation gestellt, um in Deutschland praktizieren zu dürfen. Lediglich 187 Anträge wurden bisher bewilligt, 1.402 befinden sich noch in Bearbeitung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der "Welt am Sonntag" bei den zuständigen Ämtern aller Bundesländer.
Die Zahlen basieren auf Rückmeldungen aus 14 Ländern, Bremen und Hessen
konnten nur unvollständige Daten liefern. Die Wartezeiten sind nicht
allein für Ukrainer so lang: Zwischen der Antragstellung durch Mediziner
aus Ländern außerhalb der Europäischen Union und der Bewilligung ihrer
Approbation liegen den Angaben zufolge typischerweise zwischen 15
Monaten und drei Jahren. "Diese Bilanz ist verheerend", kritisierte
Gerald Gaß, der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft,
gegenüber der Zeitung. "Das Ausmaß der Bürokratie lähmt mittlerweile
auch dringende Prozesse wie die Anerkennung von Ärztinnen und Ärzten."
Es
müsse sich etwas ändern. Gaß sagte mit Bezug auf die Ukrainer:
"Fachkräfte im Bürgergeld-Bezug zu belassen, statt sie dort einzusetzen,
wo sie dringend gebraucht werden und auch arbeiten wollen, können wir
uns schlicht nicht mehr leisten." Benötigt werde jetzt "eine echte
Entbürokratisierungsoffensive", bevor alles zum Stillstand komme.
Susanne
Johna, die Vorsitzende der Medizinervereinigung Marburger Bund, wies
darauf hin, dass sich Ärzte aus Drittstaaten immer häufiger für andere
europäische Länder entschieden. Es brauche zwar eine sorgsame Prüfung
der Anerkennungsvoraussetzungen. "Doch was viele ausländische Ärzte hier
erleben, ist einfach nur frustrierend. Schuld an der Misere sind vor
allem bürokratische Hürden und personell ausgezehrte Landesbehörden", so
Johna.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht der
"Welt am Sonntag" zufolge ein generelles Problem. "Die Tatsache, dass in
Deutschland nicht mal 30 Prozent der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine
einer Arbeit nachgehen, also prozentual viel weniger als in den meisten
anderen europäischen Ländern, zeigt, dass unsere Regeln falsch sind",
konstatierte der CDU-Politiker.
"Wir müssen einerseits überlegen,
ob Ukrainer Bürgergeld bekommen sollen, und zweitens, wie wir die
Anerkennung von Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden,
beschleunigen." Derzeit gebe es bei den ukrainischen Ärzten eine
Einzelfallprüfung, diese sei aufwendig und nicht nötig. "Besser wäre es,
die entsprechenden Studiengänge und Universitäten zu zertifizieren,
dann könnten Absolventen schneller eine Arbeit in Deutschland
aufnehmen."
Andreas Philippi (SPD), Gesundheitsminister in
Niedersachsen, sieht seinen Parteikollegen Karl Lauterbach in der
Verantwortung. "Wir appellieren an den Bundesgesundheitsminister, die
Bundesärzteordnung und Approbationsordnung so zu ändern, dass
Anerkennungsverfahren digital, standardisiert und somit deutlich
schneller erfolgen", sagte er der Zeitung. "Wir können es uns einfach
nicht leisten, Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland bürokratische Steine
in den Weg zu legen." "Das deutsche Gesundheitswesen leidet dramatisch
unter einem allgemeinen Arbeitskräftemangel, ukrainische Ärzte könnten
für uns eine wertvolle Unterstützung sein", sagte Janosch Dahmen der
"Welt am Sonntag".
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen
im Bundestag sieht das Problem allerdings bei den Ländern: "Die hohe
Zahl der noch nicht beschiedenen Anträge zeigt, dass die aktuellen
Anerkennungsverfahren dysfunktional, viel zu umständlich und sehr
bürokratisch durch die Bundesländer organisiert sind." Dabei entspreche
die medizinische Ausbildung in europäischen Nachbarstaaten wie der
Ukraine durchaus den Standards in EU-Nachbarländern.
Quelle: dts Nachrichtenagentur