Mittelstand rettet den Ruf der deutschen Wirtschaft: Geringes Vertrauen in große Wirtschaftsunternehmen
Archivmeldung vom 21.11.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens BrehlNeue Ergebnisse der Wertestudie "Ethik-Monitor" der gemeinnützigen Hamburger Stiftung "Wertevolle Zukunft" belegen, dass die Bevölkerung den großen deutschen Wirtschaftsunternehmen noch weniger vertraut als der Bundesregierung.
Das bestätigt eine repräsentative Emnid-Umfrage
mit 1.003 Bundesbürgern. Große Wirtschaftsunternehmen werden demnach
als weniger vertrauenswürdig empfunden als Bundestag und
Bundesregierung, die beide ebenfalls unter einem erheblichen
Vertrauensmangel leiden. Lediglich elf Prozent der Befragten äußerten
Vertrauen gegenüber den großen Wirtschaftsunternehmen. Der
Bundesregierung wird mit fast 14 Prozent geringfügig mehr Vertrauen
entgegengebracht.
Top-Manager verantwortlich für den Vertrauensverlust
Fragt man nach den Ursachen des Vertrauensverlustes in die großen
Wirtschaftsunternehmen, findet sich im Misstrauen gegenüber den
führenden Wirtschaftsakteuren eine Antwort: 79 Prozent der Befragten
sind davon überzeugt, dass die Wirtschaftsführer vor allem an ihre
eigenen Interessen denken und ganze 42 Prozent meinen, die meisten
Wirtschaftsführer seien korrupt. Nur knapp 13 Prozent glauben, es
ginge den Spitzen der Wirtschaft auch um das Gemeinwohl. 77 Prozent
äußern die Überzeugung, dass es den Spitzen der Wirtschaft vor allem
nur noch um die Steigerung des Aktienkurses auf Kosten der
Mitarbeiter gehe. Zu den Ergebnissen meint Prof. Dr. Behnke von der
LMU München, Leiter des Forscherteams, das die Studie auswertet: "Es
gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Vertrauensverlust der
großen Unternehmen und der Bewertung der Wirtschaftsführer."
Das Vertrauen in den Mittelstand ist deutlich höher als das in die großen Wirtschaftsunternehmen
Das Vertrauen in "die Wirtschaft" hängt stark davon ab, wer als
Repräsentant derselben angesehen wird: Während mittelständische
Unternehmen das Vertrauen von immerhin 43 Prozent der Befragten
genießen, schenken nur etwas mehr als elf Prozent den großen
Wirtschaftsunternehmen ihr Vertrauen. Insgesamt lässt sich im
Vergleich zu der politischen Vertrauenskrise - weder dem Bundestag,
der Bundesregierung noch der Europäischen Union vertrauen mehr als 14
Prozent der Befragten - nicht von einer Vertrauenskrise der
Wirtschaft im Allgemeinen, sondern vielmehr der großen
Wirtschaftsunternehmen sprechen.
"Dieser Befund zeigt, wie leicht Vertrauen verspielt werden kann. Noch bis in die 1990er Jahren war die Reputation des Mittelstandes eher mit "Herr im Haus-Politik" verbunden, wohingegen große Konzerne in der Bewertung der Öffentlichkeit deutlich besser wegkamen. Dabei ist es unerheblich, ob der Eindruck der Bevölkerung zutrifft; Unternehmen müssen in jedem Fall erkennen, dass ihnen der Vertrauensverlust ökonomisch schaden kann", so Dr. Jesco Kreft, der Geschäftsführer der Stiftung Wertevolle Zukunft.
Die Werte-Studie "Ethikmonitor" soll im Zeitraum von zwei Jahren
regelmäßig mit anderem Schwerpunkt durchgeführt werden. Der Gründung
der Stiftung im Jahre 2005 liegt die Überzeugung zugrunde, dass
moderne pluralistische Gesellschaften für Vielfalt, demokratische
Partizipation und Gemeinwohl wenigstens ein paar kollektiv
verknüpfende Leitideen und Werte benötigen. Die Stiftung unterstützt
und leitet Projekte, Initiativen und Forschung im Bereich der
Wirtschaftsethik.
Quelle: Pressemitteilung Stiftung Wertevolle Zukunft