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Verband der Krankenhausdirektoren: Krankenkassen entwickeln Rechnungsprüfung zum Milliardengeschäft

Archivmeldung vom 04.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Geldberg, Euro -Falsch
Geldberg, Euro -Falsch

Bild: Eigenes Werk /OTT

Krankenhäuser werfen den gesetzlichen Krankenkassen vor, systematisch Rechnungen auch zu Unrecht anzuzweifeln, um sich auf Kosten der Kliniken um Milliarden zu entlasten. »Die gesetzlichen Krankenkassen haben das Infragestellen unserer Rechnungen zum Geschäftsmodell entwickelt«, sagte Dr. Josef Düllings, der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), dem WESTFALEN-BLATT.

Die Krankenkassen hätten erkannt, dass mit dem Anzweifeln von Rechnungen ein Vermögen zu machen sei, sagt Düllings. »Vor Jahren gab es Stichproben-Prüfungen. Heute werden in vielen Krankenhäusern mehr als 20 Prozent der Rechnungen überprüft, und jede zweite geprüfte Rechnung wird beanstandet." Josef Düllings sagt, er habe ausgerechnet, dass der Einsatz der bundesweit 8500 MDK-Mitarbeiter etwa eine Milliarde Euro im Jahr koste. »Sie holen aber etwa 2,2 Milliarden Euro rein. Das ist eine Traumrendite.«

Düllings: »Wer sein Auto aus der Werkstatt holt, überprüft die Rechnung. Das ist normal. Deshalb haben Krankenhäuser eigentlich auch kein Problem damit, wenn die Kassen unsere Rechnungen kontrollieren.« Er gehe von ein bis zwei Prozent »echten Fehlern« in den Rechnungen aus. Inzwischen sei es aber so, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) weniger nach objektiven Fehlern suche, sondern immer häufiger Entscheidungen von Ärzten anzweifele.

Diesen Vorwurf erläutert Düllings am Beispiel einer Gallenstein-Operation im Paderborner St. Vincenz-Krankenhaus, dessen Hauptgeschäftsführer er ist. "Wir operieren Gallenstein-Patienten am Aufnahmetag. Am Folgetag werden die Blutwerte kontrolliert und die Patienten entlassen. Damit folgen wir den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Sie besagen, dass die Blutwerte einen Tag nach der OP bestimmt werden sollen, weil sie vorher durch die Narkose verfälscht sein können." Bei der Überprüfung der Rechnungen stelle sich der MDK aber jedes Mal auf den Standpunkt, dass man den Patienten schon am OP-Tag hätte entlassen können. »Dann könnte uns die Kasse 810 Euro von der Fallpauschale abziehen.« Der MDK zweifele zwar nicht die Richtlinie der Fachgesellschaft an. »Aber er argumentiert, dass speziell im Fall dieses einen Patienten die Voraussetzungen für den zweiten Tag nicht vorgelegen hätten - und das wiederholt der MDK bei jeder Gallenstein-Rechnung.«

Das Problem für die Krankenhäuser sei, dass die Kassen den Betrag, von dem sie meinten, dass er ihnen zustehe, einfach von einer anderen, x-beliebigen Rechnung des Krankenhauses abziehen dürften. »Wir haben also Riesen-Löcher in unserem Budget und müssen dem Geld hinterherlaufen«, sagt Düllings. Kleinere Kürzungen nehme man aus ökonomischen Gründen hin. Gelegentlich schließe man auch Vergleiche mit den Kassen und verzichte auf einen Teil, aber bei größeren Summen bleibe oft nur der Prozess vor dem Sozialgericht.

»Natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Krankenkassen formal Recht haben«, sagt der VKD-Präsident. »Gerade in der Geriatrie kommt es vor, dass Patienten länger als die obere Grenzverweildauer bleiben. Das liegt daran, dass die Krankenhäuser einfach keinen Pflegeplatz finden.« Bei alten Menschen mache man sich oft schon am Aufnahmetag Gedanken über die Pflege nach der Entlassung, aber oft finde sich auf die Schnelle nichts. »Wir können diese Menschen ja nicht einfach zu Hause ihrem Schicksal überlassen.« Diese ein, zwei Extratage im Krankenhaus seien zwar nicht medizinisch zu begründen, sagt Düllings, aber die Pflege müsse ja sein. »Ob die Kasse sie bei uns bezahlt oder im Pflegeheim, sollte ihr eigentlich egal sein. Da hakt es im System.«

Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) in NRW weist den Vorwurf zurück, Krankenkassen zweifelten systematisch Rechnungen an, um sich auf Kosten der Kliniken um Milliarden zu entlasten. Dirk Ruiss, Leiter des VDEK NRW: »Im Gegensatz zu Krankenhäusern sind Krankenkassen keine Wirtschaftsbetriebe, die Umsätze und schwarze Zahlen erwirtschaften müssen.« Krankenkassen müssten mit dem Geld von Versicherten und Arbeitgebern sorgfältig umgehen und dürften es nicht verschwenden. »Deshalb sind wir gesetzlich verpflichtet, Rechnungen von Krankenhäusern zu prüfen.«

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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