KfW-ifo-Mittelstandsbarometer: Eingetrübte Stimmung zu Beginn des 2. Halbjahrs
Archivmeldung vom 31.07.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithDer Einstieg in die 2. Hälfte des Jahres ist stimmungsmäßig misslungen. Das mittelständische Geschäftsklima sinkt im Juli gegenüber Juni deutlich um 4,4 Zähler auf jetzt -16,1 Saldenpunkte. Das ist der niedrigste Wert des Klimaindikators seit November letzten Jahres und bereits der dritte Rückgang in Folge. Anders als in den Vormonaten geben diesmal die Geschäftslageurteile stärker nach als die Erwartungen: Sie fallen kräftig um 5,1 Zähler auf jetzt -6,1 Saldenpunkte und damit noch tiefer unter die Nulllinie, die für den langfristigen Durchschnitt steht. Während die inflationsbedingten Kaufkraftverluste allmählich abebben, kommt der globale geldpolitische Restriktionskurs offenbar immer stärker in der Realwirtschaft an. Die Geschäftserwartungen sinken nach den vorangegangenen Einbrüchen um weitere 3,8 Zähler auf -25,2 Saldenpunkte. Der Blick in die Zukunft ist inzwischen von ähnlich viel Pessimismus geprägt wie Ende 2022, als die Unternehmen die akute Sorge vor einer Energiekrise umtrieb.
Die Stimmungsverschlechterung zieht sich im Juli durch alle Hauptwirtschaftsbereiche. Bei den Dienstleistungen gibt das Geschäftsklima um 2,4 Zähler auf jetzt -5,8 Saldenpunkte nach. Mit -2,6 Zählern bewegt sich der Rückgang im Verarbeitenden Gewerbe in einer ähnlichen Größenordnung. Etwas ausgeprägter ist die Eintrübung bei den Einzelhändlern (-3,4 Zähler auf -17,4 Saldenpunkte). Die auf hohem Niveau nachgebende Inflationsrate lässt zusammen mit den absehbaren Reallohnsteigerungen aber auf Besserung beim Konsum und damit auch für den Einzelhandel hoffen. Die kräftigsten Klimaverschlechterungen berichten der Großhandel (-4,1 Zähler auf -29,7 Saldenpunkte) und der Bau (-5,2 Zähler auf -21,2 Saldenpunkte), dem die gestiegenen Finanzierungskosten besonders zu schaffen machen.
Anders als im Mittelstand ist die Stimmung bei den Großunternehmen im Juli stabil (-0,2 Zähler auf -25,8 Saldenpunkte). Dahinter steht eine leichte Verbesserung der Geschäftserwartungen (+1,8 Zähler auf -33,0 Saldenpunkte), die die Abwärtskorrektur der Geschäftslageurteile (-2,8 Zähler auf -18,1 Saldenpunkte) fast kompensiert. Die Großunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und des Einzelhandels berichten sogar von einer Verbesserung ihres Geschäftsklimas im Vergleich zum Juni.
Die konjunkturelle Schwächephase macht sich inzwischen auch bei den Beschäftigungserwartungen bemerkbar. Erstmals seit Februar 2021 fallen diese in beiden Unternehmensgrößenklassen nun wieder unter die Nulllinie (Mittelständler: -2,1 Zähler auf -1,8 Saldenpunkte; Großunternehmen: -3,5 Zähler auf -6,2 Saldenpunkte). Angesichts zunehmend knapper Fachkräfte ist es gleichwohl sehr unwahrscheinlich, dass sich die Unternehmen in nennenswertem Umfang von Beschäftigten trennen.
Die Chefvolkswirtin der KfW, Dr. Fritzi Köhler-Geib, sagt: "Der vorsichtige Optimismus aus dem Frühjahr, dass die deutsche Wirtschaft nach der technischen Rezession im Winterhalbjahr 2022/2023 wieder etwas Fahrt aufnehmen kann, hat sich verflüchtigt. Laut Schnellmeldung von Destatis stagnierte das BIP im zweiten Quartal. Die konjunkturelle Hängepartie geht vorerst weiter. Die Wirtschaft bewegt sich zur Mitte des Jahres im konjunkturellen Niemandsland zwischen schwacher Rezession und kraftloser Erholung. Enttäuscht hat bislang vor allem die Industrie, denn trotz schwindender Lieferkettenprobleme tritt die Produktion weiter auf der Stelle. Die noch immer überdurchschnittlich hohen Auftragsbestände dürften aber auch in den kommenden Monaten zumindest für eine gewisse Stabilität im Verarbeitenden Gewerbe sorgen. Positive Impulse könnten vom Konsum kommen, der im zweiten Quartal seine Talfahrt beendete. Der nachlassende Inflationsdruck, die annähernd stabile Beschäftigung sowie die spürbar steigenden Löhne werden in den kommenden Monaten die Kaufkraft der Privathaushalte weiter stärken. Alles in allem sind in den kommenden Quartalen jedoch bestenfalls kleine Schritte in Richtung Konjunkturerholung drin: Eine positive Wachstumsrate im Gesamtjahr 2023 ist inzwischen außer Reichweite."
Quelle: KfW (ots)