TU Berlin: S-Bahn-Stillstand verursacht Kosten in zweistelliger Millionenhöhe
Archivmeldung vom 22.12.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Stromausfall vom 15.12.2011 im zentralen elektrischen Stellwerk der Berliner S-Bahn hat nach Berechnungen der TU Berlin zu volkswirtschaftlichen Kosten in Höhe von knapp 35 Millionen Euro geführt. Die nicht-materiellen Schäden, beispielsweise psychischen Schäden der betroffenen Passagiere oder Imageschäden der S-Bahn, sind dabei nicht mitberücksichtigt. Der Störfall führt erneut die eminent hohe Bedeutung einer kontinuierlichen und zuverlässigen Elektrizitätsversorgung vor Augen.
Eine Pannenserie bei Kontrollarbeiten an der Notstromversorgung des zentralen elektronischen Stellwerks der Berliner S-Bahn in Halensee führte am Donnerstag, dem 15. 12. 2011 zum mehrstündigen Stillstand des gesamten Berliner S-Bahn-Betriebs. Auch der Regional und Fernverkehr war betroffen. Nach einer Methode, die sich auf eine bereits 1978 entwickelte Idee des amerikanischen Wirtschaftsnobelpreisträger Gary S. Becker stützt, haben Prof. Dr. Georg Erdmann und Dipl.-Ing. Aaron Praktiknjo vom Fachgebiet Energiesysteme der TU Berlin berechnet, welchen Schaden die Volkswirtschaft durch den Stromausfall erlitten hat. Danach müssen die Kosten des zeitlichen Verlusts von einer Arbeitsstunde mit der Bruttowertschöpfung bewertet werden, die innerhalb der entsprechenden Stunde hätte geleistet werden können. Ein Näherungswert für diese Bruttowertschöpfung ist das Zweifache der Bruttostundenlöhne. Stunden, die keine negativen Rückwirkungen auf die volkswirtschaftliche Wertschöpfung haben, werden mit dem durchschnittlichen Netto-Stundenlohn bewertet, was dem Wert der Freizeit entspricht.
Die Berliner S-Bahn befördert täglich im Schnitt rund 1,3 Millionen Passagiere. Zwar fuhren am 15.12.2011 die meisten Züge der S-Bahn nach drei Stunden wieder, allerdings war der gesamte S-Bahn-Betrieb in Berlin auch am darauffolgenden Freitagvormittag noch beeinträchtigt. „Da die Betriebsunterbrechung auch den Feierabendverkehr betraf, dürften insgesamt eine Million S-Bahn-Passagiere jeweils zwei Stunden verloren haben“, rechnet Professor Georg Erdmann vor. „Nur schätzungsweise 25 Prozent der Berufspendler waren auf dem Weg zur Arbeit, die anderen Berufspendler auf dem Heimweg. Im ersten Fall gingen die Zeiteinbußen also zu Lasten der Bruttowertschöpfung, im zweiten Fall zu Lasten von Freizeit.“
Berechnet werden müssen aber auch die Kosten, die durch die Behinderung von Schülern, Studierenden, Touristen und Freizeitpendlern entstehen. Hier entstehen etwas geringere Schadenskosten, die die Studie genau aufführt, ebenso wie die geschätzte Zusammensetzung der Berliner S-Bahn-Passagiere. Am 15.12.2011 summierten sich diese auf rund 33 Millionen Euro.
Ein weiterer Schaden, der einbezogen werden muss, entsteht aus der Tatsache, dass neben dem Personennahverkehr in Berlin auch Fern- und Regionalzüge der Deutschen Bahn den Betrieb für rund eine Stunde einstellen mussten. Im Berliner Hauptbahnhof halten täglich rund 600 Regional- und Fernverkehrszüge. Bei einer durchschnittlichen Anzahl von 500 Passagieren pro Zug sind das rund 300.000 Passagiere pro Tag. Durch den Stromausfall dürften allein im Berliner Raum rund 30.000 Passagiere des Regional- und Fernverkehrs für eine Stunde betroffen gewesen sein. Auch damit sind volkswirtschaftliche Schäden verbunden. Ausgehend von diesen Eckwerten beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden im Bereich der Fern- und Regionalzüge auf rund 1,6 Millionen Euro. Wenn man berücksichtigt, dass die Deutsche Bahn ab einer Verspätung von 60 Minuten Kompensationszahlungen in Höhe von 25 Prozent des Fahrscheinkaufpreises erstatten muss, besteht ein Teil dieses Schadens in einer Gewinneinbuße der Deutschen Bahn zulasten des Bundes als ihr Eigentümer.
„Zusammengenommen resultiert ein volkswirtschaftlicher Schaden von insgesamt 34,6 Millionen Euro. Immaterielle Schäden sind in dieser Summe nicht mitberücksichtigt“, so Professor Erdmann.
Die Kurzstudie finden Sie unter: http://www.ensys.tu-berlin.de/fileadmin/fg8/Downloads/Publications/
Quelle: Technische Universität Berlin (idw)