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Geschosswohnungsbau breitet sich aus Eigenheimbau bleibt zurück

Archivmeldung vom 20.08.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: "obs/Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)/Bundesgeschäftsstelle LBS"
Bild: "obs/Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)/Bundesgeschäftsstelle LBS"

Die zu lange vernachlässigte Neubautätigkeit in Deutschland ist bekanntlich eine wesentliche Ursache für die in vielen Städten entstandenen Engpässe auf dem Wohnungsmarkt und die damit einhergehenden Preis- und Mietsteigerungen. Inzwischen sind die Knappheitssignale am Markt angekommen: Auch getrieben durch das extrem niedrige Zinsniveau und fehlende Anlagealternativen springt die Bautätigkeit kräftig an.

Wie LBS Research auf Basis einer Auswertung der amtlichen Bautätigkeitsstatistik mitteilt, findet die größte Dynamik dabei allerdings nicht beim Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern statt, sondern im Geschosswohnungsbau. Selbstnutzer haben hier häufig das Nachsehen.

Beim Mehrfamilienhausbau, also Objekten mit mehr als drei Wohneinheiten, ist zu unterscheiden zwischen dem klassischen Mietwohnungsbau und dem Bau von Eigentumswohnungen als Einzeleigentum, die vom Käufer entweder selbstgenutzt oder vermietet werden. Typischerweise geht gut die Hälfte der neu entstehenden Eigentumswohnungen in die Vermietung.

Die Analyse der Baugenehmigungszahlen zeigt: Der Geschosswohnungsbau in Deutschland breitet sich aus - und damit auch das Wohnen zur Miete. Gegenüber 2010, dem ersten Jahr mit wieder spürbar wachsender Bautätigkeit in Deutschland, hat sich der Neubau von Mietwohnungen (reine Mietwohnungen und vermietete Eigentumswohnungen) mit 106 Prozent mehr als verdoppelt, selbstgenutzte Objekte (Eigenheime und Eigentumswohnungen) hingegen legten lediglich um 31 Prozent zu (siehe Grafik).

Die Entwicklung der Baugenehmigungszahlen zeigt nach Ansicht der Immobilienexperten von LBS Research, dass die Bundesrepublik beim Neubau zwar quantitativ auf dem richtigen Weg ist. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass bis 2020 jährlich zwischen 350.000 und 400.000 neue Wohnungen entstehen müssen, um den Wohnungsbedarf in Deutschland decken zu können.

Die Zahl der genehmigten Wohnungen belief sich im vergangenen Jahr insgesamt, also einschließlich der neu geschaffenen Wohnungen in bestehenden Gebäuden (z. B. Dachgeschossausbau) und den Wohnungen in sogenannten Nicht-Wohngebäuden, bereits auf 309.000 - mit klar steigender Tendenz. Anlass zur Sorge gebe allerdings die immer deutlicher werdende Verschiebung der Bautätigkeit hin zu einem von Mietwohnungen geprägten Geschosswohnungsbau.

Denn diese, so die Forscher, sei ein klares Zeichen, dass es den Städten bisher nicht in ausreichendem Maße gelingt, bezahlbare Angebote für Selbstnutzer zu schaffen. Vielmehr führe die Flucht ins "Betongold" durch hiesige, aber auch durch internationale Kapitalanleger dazu, dass vorwiegend der Bestand an Mietwohnungen ausgedehnt wird.

Unterstellt man auf Basis der jüngsten Mikrozensus-Erhebung, dass gut 40 Prozent der genehmigten Eigentumswohnungen für Selbstnutzer gebaut werden, so entstehen im Geschosswohnungsbau derzeit zu 80 Prozent Mietwohnungen und nur zu 20 Prozent Wohnungen für Selbstnutzer.

Das übergeordnete Ziel, die Wohneigentumsquote gerade auch in den Städten zu verbessern, wird damit nicht erreicht werden, konstatieren die Immobilienexperten von LBS Research. Eine Verfestigung oder gar eine noch stärkere Ausprägung der aktuellen Struktur der Bautätigkeit werde vielmehr dazu führen, dass der Anteil der Haushalte, die in den eigenen vier Wänden wohnt, weiter niedrig bleibt.

Eine Sonderanalyse der EVS hatte jüngst gezeigt, dass die Wohneigentumsquote in Deutschland bereits seit 10 Jahren bei 43 Prozent verharrt (West: 46 Prozent, Ost 36 Prozent). Die Bundesrepublik ist damit Schlusslicht in Europa; nur die Schweiz hat mit 38 Prozent einen noch geringeren Anteil. In vielen europäischen Ländern liegt der Anteil der Selbstnutzer zwischen 60 und fast 80 Prozent.

Als Hauptgrund für die nicht vorankommende Wohneigentumsbildung in den Brennpunkten der Wohnungsnachfrage nennen die Immobilienexperten LBS Research das Engagement der Kapitalanleger im gegebenen Nullzinsumfeld. Die Suche nach Anlagemöglichkeiten im als sicher geltenden Hafen "Immobilienmarkt Deutschland" habe insbesondere beim Neubau von Eigentumswohnungen zu stark gestiegenen Preisen geführt.

Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen, die als Selbstnutzer in Betracht kämen, können sich diese Wohnungen häufig nicht mehr leisten - trotz der derzeit günstigen Finanzierungsbedingungen. Sie müssten deshalb, wenn sie in der Stadt bleiben wollen, auf eine meist teure Mietwohnung ausweichen oder werden ins Umland getrieben. Bei den Käufern der neu entstehenden Eigentumswohnungen handelt es sich dagegen oft um Bezieher höherer Einkommen.

Bei der weiteren, notwendigen Ausweitung des Wohnungsangebots, so das Fazit von LBS Research, sei darauf zu achten, dass die Selbstnutzer wieder in den Fokus gerückt werden - eine Aufgabe, bei der insbesondere die Kommunen gefragt sind, wenn sie Bauflächen ausweisen, erschließen und neue Quartiere schaffen. Wenn es nicht gelingt, die weiter nach oben gerichteten Immobilienpreise zu bremsen, seien auch Bund und Länder in der Verantwortung, die Wohneigentumsbildung für kleine und mittlere Einkommensbezieher durch eine gezielte Selbstnutzerförderung zu verbessern.

Verlinkung: Wohneigentumsquote in Deutschland bereits seit 10 Jahren bei 43 Prozent = https://www.lbs.de/presse/p/lbs_research/details_6202955.jsp

Schlusslicht Europa = http://ots.de/N9XZB

* Im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) befragt das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre private Haushalte zu ihren Einnahmen und Ausgaben, zur Vermögensbildung, zu Ausstattung mit Gebrauchsgütern und zur Wohnsituation. Die jüngste EVS wurde im Jahr 2013 erhoben.

Quelle: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) (ots)

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